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Plakatmotiv: Alien – Covenant (2017)

Durchschnittliches Best-Of-Alien
mit Action, ohne große Neuigkeiten

Titel Alien – Covenant
(Alien: Covenant)
Drehbuch Jack Paglen & Michael Green & John Logan & Dante Harper
mit Charakteren von Dan O'Bannon & Ronald Shusett
Regie Ridley Scott, UK, Australien, Neuseeland, USA 2017
Darsteller
Michael Fassbender, Katherine Waterston, Billy Crudup, Danny McBride, Demián Bichir, Carmen Ejogo, Jussie Smollett, Callie Hernandez, Amy Seimetz, Nathaniel Dean, Alexander England, Benjamin Rigby, Uli Latukefu, Tess Haubrich, Lorelei King u.a.
Genre Scince Fiction, Horror
Filmlänge 122 Minuten
Deutschlandstart
18. Mai 2017
Inhalt

Das Jahr 2122: Tief im All fliegt das Kolonieschiff "Covenant", Kurs Origae-6. Es soll den erdähnlichen Planeten in sieben Jahren, drei Monaten erreichen – an Bord: 15 Besatzungsmitglieder und etwa 2.000 Kolonisten – alle im Kälteschlaf. Über die Systeme wacht der Android Walter. Nach einer unerwarteten Sonneneruption zerstört ein Neutrinosturm die Energiesegel der Covenant. Walter sieht sich gezwungen, die Besatzung aus ihren Cryopods zu holen, weil diese durch den Sturm beschädigt wurden. Der Captain der Covenant überlebt den Unfall nicht.

Während die Crew die Energiesegel repariert, fängt sie Funkfetzen auf – eine Frauenstimme, die „Take Me Home, Country Roads“ von John Denver summt. Die Quelle des Funks ist ein Planet, den die Crew für ein unerforschtes und völlig unberührtes Paradies hält; viel näher, als der in jahrzehntelanger Suche schließlich auserkorene Origae-6, nur wenige Wochen vom augenblicklichen Standort entfernt. Christopher Oram, der neue Captain – ein zögerlicher, tief gläubiger Mann, entscheidet kurzerhand: Warum nicht mal schauen, wie es da aussieht? Vielleicht kann man sich ja den langen Weiterflug einfach sparen.

Die Crew des Pionierschiffs landet auf dem Planeten und entdeckt dort Reste des gestrandeten Raumschiffs Prometheus. Der Planet mit seinen gebirgigen Waldlandschaften ähnelt sehr der Erde und scheint bewohnbar. Daher glaubt die Crew, dass dieser Planet sogar noch besser für ihre Mission geeignet ist. Nur die Terraforming-Expertin Daniels beschleicht ein ungutes Gefühl, weil die Crew auch erste Hinweise menschlichen Ackerbaus auf dem Planeten entdeckt. In Wirklichkeit handelt es sich dabei um eine dunkle und gefährliche Welt. Mit tödlichen Mikroben. Schnell hat die Crew die ersten beiden, schreiend ums Leben kommende Crew-Mitglieder zu beklagen, aus denen sich grauenvolle Wesen fressen, die sofort den Rest der Crew angreifen.

In dieser Situation hilft ihnen ein Humanoide aus der tödlichen Falle: der Androide David, letzter Überlebender der gescheiterten Prometheus-Expedition. Nachdem Elizabeth Shaw mit David vom Planeten LV-223 geflohen und später gestorben ist, verbrachte David die letzten zehn Jahre alleine und führte in dieser Zeit nicht nur Experimente an Mensch und Tier durch – „Müßiggang ist des Teufels Werkbank“ sagt er. David hat insgeheim Großes vor und nur Walter scheint zu bemerken, dass etwas nicht stimmt …

Was zu sagen wäre

Spoiler-Alarm

Ein mörderischer Android mit Gotteskomplex. Ein fahriger Ersatz-Captain, der ängstlich jedem Befehl aus dem Weg geht, aber fleißig Bibelsprüche zitiert. Und immer noch ist Mother die gottgleiche Computerstimme aus dem Off und ist das Alien ein Dämon, den alle gerne domestizieren wollen.

Die Alien-Serie, die in den Happy-go-Lucky-80er-Jahren des Anything-Goes‘ zur immer wieder neu formulierten Wirtschaftskritik ausholte, in der ein böser Konzern die endgültige Waffe wollte und dabei über Leichen ging, verschiebt ihren Fokus. Das Religiöse, das in jenen Filmen nur die Dreingabe für die Schwachen, die Unterdrückten war, tatsächlich als Opium für das Volk von inhaftierten Zwangsarbeitern diente oder als USB-Schnittstelle für hochintelligente Künstliche Intelligenz, hat die Konzerne verdrängt, überdauert. Heute fragt sich die vom siechen Konzernboss erschaffene Kreatur, was der Sinn ihres Daseins sein könnte, wenn schon ihr Schöpfer so schwach und hinfällig sei. Und wenn man die Serie nun am Stück reflektiert, stellt man fest: Ob Konzerne oder Religion – die Kreaturen, die Handlanger sind die Gleichen. Und immer mörderisch.

Das entspricht dem gewandelten Zeitgeist, der halt zu Zeiten des Originalfilms von 1979 ein anderer war, als im fortgeschrittenen 21. Jahrhundert, in dem die Zuschauer längst verarbeitet haben, dass ihr Jahr 2001 nicht so gülden schimmerte, wie Stanley Kubrick uns das 1968 geweissagt hatte, statt dessen allerorten Religionskrieger wieder auf den Putz hauen. In gewisser Weise ist das folgerichtig: Mit jeder Fortsetzung werden Alien-Filme altertümlicher – seit Prometheus befinden wir uns auf der Zeitachse weit vor Ridley Scotts erstem Alienfilm – sozusagen im vorindustriellen Zeitalter.

In Scotts jüngster Weiterentwicklung gibt es sogar den verrückten Wissenschaftler mit verrückten Klonexperimenten in schummrig beleuchteten Katakomben, wie wir sie aus den Jules-Verne-Verfilmungen der 1950er und 60er Jahre kennen. Erkenntnisse speichert der Wissenschaftler nicht in Datenbanken, sondern hält sie auf großen Pergamentrollen fest. Neues – so 2017-like-Neues – gibt es wenig.

Ein großes Raumschiff tief im All. Eine Crew im Cryoschlaf. Ein Notruf. Eine unterbrochene Mission. Ein Fremdkörper an Bord. Und am Ende kämpft eine Frau allein gegen das Monster. So oder ähnlich geht das eigentlich immer in den Alien-Filmen. Auch, dass sich wieder ein Crewmitglied nach dem anderen wider besseres Wissen von der Gruppe trennt – eine sagt allen Ernstes, sie müsse sich jetzt mal „frisch machen“ gehen.

Ich persönlich bin in der Raumfahrt ebenso unerfahren, wie im Frau sein. Aber ich hätte wohl an einem Tag, an dem meine halbe Crew weggefressen worden ist von einem echt bösartigen Viech und mir ein zehn Jahre verschollener Android komische Geschichten erzählt, anderes im Kopf, als mich „frisch“ zu machen. Manche Frauenklischees bekommt auch jene Kino-Serie, die wie keine andere ein neues Rollenspektrum für Frauen in (bis dato Männer dominierten) Action- und Horrorfilmen entwickelt hat, nicht aus dem Script. Eine der Figuren fasst zusammen: „Es gibt hier so viel, das keinen Sinn macht.

Sinn“ machte hier – also vor fünf Jahren in Prometheus – eine Flüssigkeit in schwarzen Vasen. Diese Flüssigkeit spielt in der 2017er Version nun eine tragende Rolle. In den Mittelpunkt des Films indes rückt eine weitere Bedrohung: Neben den Schrecken, den das Fremde auslöst, gesellt sich der Schrecken, den die eigene Schöpfung auslöst. Dahin mutiert die Alien-Saga, weg vom reinen Horror mit der fremden Kreatur hin zur Suche nach dem perfekten Organismus, der das Göttliche schlechthin beschreibt, perfekt, in allen Lebensräumen leben zu können. Gott streitet mit Jesus um die Vorherrschaft, ein Umstand, den Scott 1979 in Ian Holms Rolle schon andeutete – ein Umstand allerdings auch, den nahezu jeder Rise-of-the-Machines-Film schon andeutete: Die Schöpfung stellt sich über den Schöpfer und damit gegen ihn. 

Eigenes Leben, einen Sinn aus sich selbst heraus entwickelt "Alien – Covenant" nicht. Der Film ist ein Best-of …. Es gibt den Facehugger, der aus einem Ei springt – und der verrückte Wissenschaftler sagt vorher noch zum ahnungslosen Opfer „Sieh ganz genau hin“, während sich der Mensch dem Alien-Ei nähert. Er weiß, wir wissen, alle wissen, was kommt. Aber es funktioniert als Nägelbeißer, als eine Art lustvoll hinausgezögerter Schockmoment. Da offenbart sich Ridley Scotts Souveränität als Filmemacher, der eben nicht mit einer wieder mal noch neueren Idee um die Ecke kommen muss, wie das aufklappende Ei denn nun sein Opfer schwängert.

Scott beherrscht noch die alte Kunst des Schreckens durch Vorahnung. Es ist die latente Bedrohnung, unser Wissen um die andauernde Bedrohung in einer schlecht ausgeleuchteten Umgebung, wo das Biest jederzeit von überall herkommen könnte, die uns in den Sessel drückt. Scotts Film hat die Alien-üblichen Schockmomente, aber so matschig, wie das Marketing uns glauben machen will, ist der Film nicht; eine Sexszene unter der Dusche, zu der sich der Xenomorph gesellt, erweist sich 2017 als weniger grauenvoll, als ein vergleichbar gefilmter Alien-Auftritt 1979 zwischen den Beinen der Pilotin Lambert, der in einer nur zu erahnenden Vergewaltigung gipfelte.

Es gibt ganz neue Aliens, die so gar nichts mehr mit dem alten H.R.Giger-Design gemein haben und sowas wie eine neue Generation andeuten. Aber dann gibt es eben auch den unersetzlichen Brust-Aufplatzer. Der wird hier inszeniert als eine Art Showstar. Da sitze ich da und denke, während das Crewmitglied qualvoll dahin stirbt und das frisch Geschlüpfte auf zwei Beinen stehend die Arme ausbreitet: „Wenn Ihr dem Organismus jetzt noch einen Zylinder, einen Frack und einen Taktstock in die … Klaue gegeben hättet, wär‘s auch nicht komischer gewesen!“

"Alien – Covenant" gibt der aktuellen Serie nichts Entscheidendes mehr bei, fasst aber die Essentials perfekt zusammen. Scott erweist der dunklen Stille, die sein Original auszeichnete ebenso Reverenz wie dem Actionkracher, den James Cameron sieben Jahre später folgen ließ. Ich bin 120 Minuten mitgegangen. Ich habe an den gewollten Stellen gezuckt, bin an den richtigen Stellen verkrampft. Aber als sich der Vorhang schloss, ich meine Nacho-Schale in den Müllbeutel, meine Limoflasche in den beigestellten Kasten gestellt hatte, war der Film auch ziemlich schnell abgehakt.

Das Original von 1979 und Camerons kongeniale Die Rückkehr wirken heute noch.

Wertung: 5 von 8 €uro
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