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Plakatmotiv: Bullitt (1968)

Ein harter Kriminalfilm
mit melancholischer Note

Titel Bullitt
(Bullitt)
Drehbuch Alan Trustman + Harry Kleiner
nach dem Kriminalroman „Polizeirevier 52, New York“ (Mute Witness) von Robert L. Pike
Regie Peter Yates, USA 1968
Darsteller

Steve McQueen, Robert Vaughn, Jacqueline Bisset, Don Gordon, Robert Duvall, Simon Oakland, Norman Fell, Georg Stanford Brown, Justin Tarr, Carl Reindel, Felice Orlandi, Vic Tayback, Robert Lipton, Ed Peck, Pat Renella u.a.

Genre Action, Crime
Filmlänge 114 Minuten
Deutschlandstart
3. Januar 1969
Inhalt

Lieutenant Frank Bullitt vom San Francisco Police Department bekommt von dem ambitionierten Staatsanwalt Walter Chalmers den Auftrag, dessen Kronzeugen, einen gewissen Johnny Ross, zu beschützen. Von dessen Aussage in einer anstehenden Anhörung vor dem Senatsausschuss erhofft sich Chalmers neben der Verbrechensaufklärung vor allem auch einen Karriereschub.

Ross arbeitete mit seinem Bruder Pete für das Syndikat in Chicago. Dort hatte Ross seinen Bossen zwei Millionen Dollar gestohlen, war einigen Mordversuchen entwischt und schließlich San Francisco entkommen. Bullitt und seine Detective Sergeants Delgetti und Stanton sollen Ross in einem billigen Hotel rund um die Uhr bewachen. Aber schon am ersten Abend werden Delgetti und Stanton von Killern überrascht – unter Mithilfe von Ross. Der Killer schießt auf Ross, nachdem er und sein Komplize Stanton mit einem Beinschuss und einem Fußtritt außer Gefecht gesetzt haben.

Bullitt will den Fall aufklären und sowohl den Killer als auch den Mafiaboss finden, der das Attentat angeordnet hat. Chalmers ist sauer. Weder der verletzte Detective noch das Killerkommando des Chicagoer Mobs kümmern Chalmers sonderlich. Ihm geht es allein darum, dass durch die Anhörung seine Karriere befördert wird. Er versucht daher, Bullitts Nachforschungen zu unterbinden. Im Krankenhaus misslingt ein weiterer Mordversuch auf ross, aber der war schon vorher so schwer verletzt, dass er schließlich ohne weitere Einwirkungen stirbt. Bullitt hält diese Meldung zurück und weist den behandelnden Arzt an, die Krankenakten verschwinden und Ross als unbekanntes Mordopfer registrieren zu lassen.

Chalmers erhöht währenddessen den Druck auf Bullitt, indem er dessen Vorgesetzten Captain Bennett aufsucht und seinen Zeugen zurückfordert. Bullitt rekonstruiert Ross’ Ankunft in San Francisco und verfolgt seine Telefonanrufe mit Hilfe des Taxifahrers zurück, der Ross nach seiner Ankunft in San Francisco mitgenommen hatte. Dabei stößt er auf ein Hotelzimmer in San Mateo, das von einer gewissen Dorothy Simmons gebucht wurde. Bullitt vermutet inzwischen, dass Ross nicht derjenige war, der er zu sein vorgab. Zu seinem eigenen Wagen zurückgekehrt, fällt Bullitt der schwarze Wagen der beiden Mobster auf …

Was zu sagen wäre

Das Leben als Großstadt-Cop war nie sonderlich leicht: Die Schlupfwinkel sind zahllos, die Ecken dunkel und die Verbrecher schießen schneller. Jetzt ist auch den Vorgsetzten nicht mehr zu trauen. Walter Chalmers, der alerte Staatsanwalt mit Karriereaussichten ist die Art Vorgesetzter, die ein Mann braucht wie einen schmezenden Pickel am Hintern. Leutseliges Ich-darf-Sie-doch-Frank-nennen-Gerede und kurz darauf knallhartes In-den-Rücken-fallen, wenn die Karriere gefährdet ist. Robert Vaughn (Die glorreichen Sieben – 1970) spielt diesen Chalmers mit Rabenblick und steifer Lippe – ein großes Portrait eines Arschlochs mit Anzug.

Smoother Jazz von Lalo Schifrin begleitet uns in eine Polizeibürokratische Story. Wir sehen politische Kriminalbeamte, die sich absichern, einfache Cops, die versuchen, ihren Job zu machen. Die Männer sind wortkarg, die Stadt aus Stahl und Beton; ein paar Setzlinge sind der verzweifelte Versuch, dem urbanen Moloch etwas Natur zurückzugeben. Nach 45 Minuten schält sich eine komplexe Story aus dem Anfangsverdacht, es handele sich um einen dieser üblichen Cop-Filme. Aber McQueen ordnet die Dinge in gewohnter Einer-muss-den-Job-ja-machen-Nonchalance (Thomas Crown ist nicht zu fassen – 1968; Kanonenboot am Yangtse-Kiang – 1966; Cincinnati Kid – 1965; Gesprengte Ketten – 1963; Die glorreichen Sieben – 1960; Wenn das Blut kocht – 1959; Blob – Schrecken ohne Namen – 1958).

Die zentrale Szene des Films ist ein Dialog zwischen einem Informanten und Bullitt: „Er konnte unverletzt entkommen. Sie glauben, dass er sich hier versteckt.“ „Wie alt ist die Information, Eddie?“ „Vier Stunden. Sie suchen überall nach ihm. Sie überwachen den Hafen und den Flugplatz; um zu verhindern, dass er das Land verlässt.“ „Interessiert sich sonst noch jemand für ihn?“ „Davon habe ich nichts gehört.“ „Was ist mit seinem Bruder Pete?“ „Hält sich raus.“ „Okay, Eddie. Danke. Kann ich was für Dich tun?“ „Ja, da ist was. Mein Freund Sa-Shu. Hat fünf Jahre bekommen.“ „Was hat er ausgefressen?“ „Heiße Ware verscheuert.“ „Ich werd's versuchen.“ „Vielen Dank, Frank!“ Ein pragmatischer Ansatz im Leben eines Cops mit seinen Halbwelt-Typen – eine Hand wäscht die andere. Die Menschen sind fehlbar. Er geht Deals ein. Mit Vertretern der Halbwelt, die auf der Ebene von Marihuana-Handel oder Kleinkriminalität unterwegs sind – der Mensch neigt halt zu Schwächen. Aber gegen das große Böse findet er kompromisslos zur harten Linie – zusammen mit den Freunden aus der Kleinganoven-Welt. Und als sein direkter Vorgesetzter ihm einen Freifahrtschein gibt – „Frank! Go and get him!“ – und wir damit wissen, dass der auch mehr Polizist, weniger Karriere ist, bekommt dieser Go-and-get-him-Moment Gänsehausqualität.

Diesen Frank Bullitt bringt nichts aus der Fassung – nur seine Freundin ein wenig, als die ihn angesichts einer Leiche fragt, ob ihre Beziehung überhaupt noch einen Sinn habe, da er in einer anderen Welt lebe als sie. In einem Hotelzimmer liegt eine strangulierte junge Frau. Jacqueline Bisset (Casino Royale – 1967) als Bullitts Freundin Cathy sieht sie, McQueen stellt sich ihr frontal ins Blickfeld – ist das Peter Yates' Regie? Oder McQueens Idee? So oder so: Großes Cool!! Die darauf folgenden Bilder: Alles Teleobjektiv. Sie fahren im Cabrio. Bisset steigt aus, läuft Richtung Strand. Bullitt kommt ihr nahe, steht ihr bei. Bisset stellt ihn zur Rede: „Ist Dein Inneres je berührt? Oder kommt nichts mehr an Dich heran?“ Keinmal wechselt die Regie auf Nahaufnahme, alles bleibt im Telebereich. Diese Bilder geben dem Paar die nötige Intimität und gleichzeitig symbolisiert das einsame Paar am Strand die Schutzlosigkeit dieser winzigen Menschen in der riesigen Welt. Diese Cathy spielt, bietet die erzählerische Klammer. Sie ist offen für alle Merkwürdigkeiten und hilft dem Zuschauer, die fremde Welt des Cops zu verstehen.

Peter Yates erzählt die an sich eher durchschnittliche Krimminalstory mit manchmal ins Melancholische kippender Härte. Für Witzeleien ist so wenig Platz wir für die immer ein wenig übertriebene Coolness der Großstadt-Ermmittler aus seligen Schwarz-Weiß-Zeiten. Yates' Erzählung ist ohne Schnörkel, bleibt am Geschehen und erzählt das, was ist. Und dann gibt es eine Autoverfolgung quer durch die Stadt.

Sowas hat es im Kino bislang nicht gegeben – eine logistische Großleistung. Zwei Mobster – interessanterweise fällt nie das Wort „Mafia“, dauernd ist vom Syndikat die Rede – folgen Bullitt mit ihrem Wagen und wollen ihm eine Falle stellen. Bullitt entwischt und taucht mit seinem Ford Mustang hinter dem Dodge Charger der Mobster auf. Dessen Fahrer wartet auf eine günstige Gelegenheit und versucht, Bullitt an einer Kreuzung abzuhängen, worauf eine Hochgeschwindigkeits-Verfolgungsjagd durch die Straßen von San Francisco beginnt. Außerhalb der Stadt setzt sie sich fort. Der Killer auf dem Beifahrersitz schießt mit seiner Pumpgun. Bullitt drängt den gegnerischen Wagen von der Straße ab. Der Dodge-Fahrer verliert die Kontrolle über seinen Wagen und rast in eine Tankstelle, die explodiert.

Da erhöht sich der Puls dieses Film mal kurz und kehrt dann in seinen formidablen Ruhezustand zurück. Ein schöner Kriminalfilm.

Wertung: 7 von 8 D-Mark
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