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Plakatmotiv (US): Palo Alto

Eine Jugend in Kalifornien,
mit Skalpellblick seziert

Titel Palo Alto
(Palo Alto)
Drehbuch Gia Coppola
nach den "Palo Alto Stories" von James Franco
Regie Gia Coppola, USA 2013
Darsteller

Emma Roberts, Jack Kilmer, Nat Wolff, Olivia Crocicchia, Claudia Levy, James Franco, Val Kilmer, Jacqui Getty, Andrew Lutheran, Bo Mitchell, Bailey Coppola, Zoe Levin, Brennen Taylor, Atlanta Decadenet, Colleen Camp, Margaret Qualley u.a.

Genre Drama
Filmlänge 100 Minuten
Deutschlandstart
10. Juli 2015 (DVD-Premiere)
Inhalt

In der kalifornischen Kleinstadt Palo Alto kreuzen sich die Wege mehrerer Schüler einer Highschool: Die schüchterne April verliebt sich zum Missfallen der Mitspielerinnen in ihren Fußballtrainer Mr. B, dessen Kind die Schülerin auch öfters als Babysitter betreut.

Gleichzeitig ist der introvertierte Kiffer Teddy in April verliebt, schafft es aber nicht, ihr seine Zuneigung zu gestehen. Statt dessen hängt er mit Freddy ab und steigert sich in selbstzerstörerische Gedanken, die ihn geradewegs vor den Richter führen.

Teddys bester Freund Fred wiederum versucht, der gutbürgerlichen Routine seines Elternhauses zu entkommen, indem er sich immer wieder mit dem Gesetz anlegt und seine nymphomanische Mitschülerin Emily sexuell befriedigt.

Als es zwischen April und Mr. B tatsächlich zu einer Affäre kommt, ändert das alles. Für die jungen Erwachsenen haben die Ereignisse der vergangenen Monate Auswirkungen auf das lose Beziehungsgeflecht im Mikrokosmos der Schule …

Was zu sagen wäre

Die Jugend ist ein verzweifelter Ort. Langeweile. Keine Perspektive. Faltige Menschen, die Dir sagen, was Du zu tun hast. Und dann die Geschichte mit dem anderen Geschlecht (manchmal auch die mit dem eigenen, aber das ist in diesem Film mal kein Thema). Die Jugend lässt man am besten schnell hinter sich.
Um ihr dann ein Leben lang nachzuweinen.

Gia Coppola, Enkelin Francis Fords, hat ein beeindruckendes Portrait der Generation Ich-minus-zehn-Jahre gedreht. Coppola, Jahrgang 1987, wirft einen schonungslosen Blick auf diesen so called Sweet Bird of Youth. Und er kann kaum etwas süßes an diesem Vogel finden – Suizidgedanken, Zukunftsangst, Drogenrausch; am Ende fahren, taumeln seine Protagonisten durch die Nacht – irgendwohin. Dabei kommt Coppola entgegen, dass die Vorlagen von James Franco kleine stilistische Kurzgeschichtenblüten sind, ohne einen großen Bogen zu spannen. Gia Coppola bleibt dieser dünne Handlungsfaden. Sie verdichtet ihn gekonnt und unterstreicht in ihrem ersten Langfilm dadurch die Leere im Leben ihrer Protagonisten, in der aber jede kleine Erfahrung Stoff für großes Drama bietet. Hoffnung? Vielleicht, sie liegt angedeutet im Lächeln von Emma Roberts.

Emma Roberts (Scream 4 – 2011; Valentinstag – 2010) ist die Königin dieses Films. Unglaublich ihre Präsenz, grandios auch ihre kleinen Gesten als Verunsicherte, Schüchterne, Ausgenutzte, Weggeworfene … eine Schönheit, die auf ihre Entdeckung wartet. Im wahren Leben ist sie da ein paar Schritte weiter, Hollywod auf Julias Nichte schon ein Auge geworfen, umso erstaunlicher, dass die 22-Jährige hier aufspielt, als habe sie ihr Leben lang nichts anderes getan. Vielleicht ist es die familiäre Atmosphäre am Set.

Wenn ein Coppola dreht, verbreitet der Film anschließend souveränes Können. Sofias Filme (The Bling Ring – 2013; Somewhere – 2010; "Marie Antoinette" – 2006; Lost in Translation – 2003; "The Virgin Suicides" – 1999) sind mindestens kleine Meisterwerke, hier holt sich Gia Val Kilmers Sohn Jack, als introvertierten Teddy, und Val selbst (Déjà Vu – 2006; Red Planet – 2000; Pollock – 2000; The Saint – 1997; Der Geist und die Dunkelheit – 1996; D.N.A. – Experiment des Wahnsinns – 1996; Heat – 1995; Batman Forever – 1995; Karen McCoy – Die Katze – 1993; True Romance – 1993; The Doors – 1991; Top Gun – 1986; "Was für ein Genie" – 1985; Top Secret – 1984) übernimmt die Winz-Rolle des zugekoksten Stiefvaters von April (eben Emma Roberts), deren Familie im Hollywood-Business auch verwurzelt ist. Ich stelle mir die Dreharbeiten an einem Coppola-Film wie einen Traum vor: kreativ, hochkonzentriert, cool.

James Franco ("Das ist das Ende" – 2013; Planet der Affen: Prevolution – 2011; The Green Hornet – 2011; "127 Hours" – 2010; "Milk" – 2008; Im Tal von Elah – 2007; Spider-Man – 2007; "James Dean – Ein Leben auf der Überholspur" – 2001), der mit "Palo Alto Stories" die Vorlage zu Gia Coppolas Film liefert, erzählt nüchtern und ohne Pathos von den Ängsten dieser High-School-Jugend – abseits von Slasher-Exzessen oder American-Pie-Parties. Statt dessen wird April einmal von einer Studienberaterin gefragt – einer faltigen Frau undefinierbar hohen Alters – was sie denn mal werden wolle; und April zuckt erschreckt zusammen, als habe jemand laut BUH! in die Stille gerufen, weil sie die Frage nicht beantworten kann.

Teddy sucht sein Heil in Fantasystories unter Drogeneinfluss, Freddy glaubt, die nymphoman veranlagte Klassenkameradin zu vögeln, sei halt das Leben. Und der Sportlehrer wanzt sich an die jungen Mädchen ran. Die Jugend ist ein verzweifelter Ort. Selten macht das Kino uns das so klar, wie in Gia Coppolas "Palo Alto".

Wertung: 8 von 8 €uro
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