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Plakatmotiv: Notting Hill (1999)

Frosch küsst Prinzessin
Wunderschönes Märchen

Titel Notting Hill
(Notting Hill)
Drehbuch Richard Curtis
Regie Roger Michell, UK, USA 1999
Darsteller

Julia Roberts, Hugh Grant, Richard McCabe, Rhys Ifans, Tim McInnerny, Gina McKee, Emma Chambers, Hugh Bonneville, James Dreyfus, Dylan Moran, Roger Frost, Henry Goodman, Julian Rhind-Tutt, Lorelei King, John Shrapnel, Clarke Peters, Arturo Venegas, Yolanda Vazquez, Mischa Barton u.a.

Genre Romanze
Filmlänge 124 Minuten
Deutschlandstart
1. Juli 1999
Inhalt

Es … es war … Es war surreal … surreal, aber nett! Oh nein … verzeihen Sie bitte, das … das war … ist … der Tiefpunkt …
Oh nein! Nein … Ich halte eher Ihre Aprikose-in-Honig-Geschichten für den heutigen Tiefpunkt. Aber das macht nichts.

William Thacker traut seinen Augen kaum, als plötzlich Kinostar Anna Scott seinen Buchladen im Londoner Stadtteil Notting Hill betritt. Nervös wechselt er ein paar Sätze mit ihr, versucht sein Fachwissen über tü

rkische Reiseführer anzubringen und damit wäre diese traumhafte Begegnung eigentlich auch schon wieder vorbei. Aber kurz darauf auf der Straße prallt er mit der Traumfrau zusammen und überschüttet sie mit Orangensaft. Ein klassisches Boy–meets-Girl … praktisch.

Das Schicksal nimmt seinen Lauf: Nachdem Anna in Williams Wohnung die Kleider gewechselt hat (und zahlreiche Angebote wie „Tee”, „Kaffee”, „Aprikosen in Honig” abgelehnt hat), küsst der bezaubernde Weltstar den Händler abgedrehter Reiseführer plötzlich. Keiner von beiden versteht so recht, was da gerade passiert ist. Und hier ist die Geschichte auch eigentlich zu Ende. Schon deshalb, weil Williams Mitbewohner Spike zunächst vergessen hat, William zu sagen, dass eine gewisse Anna angerufen habe und dann, dass die Anna den Namen einer Zeichentrickfigur genannt hat, um im Hotel Fan-Anrufe von echten Anrufern unterscheiden zu können. Weil Spike dann doch noch „Probier Flintstones.“ einfällt, sitzt William dem Hollywoodstar am selben Nachmittag bei einem Press Junket im Ritz Carlton gegenüber, wo er nacheinander Schauspieler interviewen muss, die er nicht kennt zu einem Film, den er nicht gesehen hat, nur um auch fünf Minuten mit Anna Scott reden zu können.

Anna und William verbringen einen schönen Abend auf dem Geburtstag seiner Schwester miteinander und tatsächlich lädt Anna ihn später ein, mit auf ihr Zimmer zu kommen – „Warte fünf Minuten hier unten.“ – ab dort überrascht sie ihr Freund aus Amerika und William räumt enttäuscht und tief verletzt das Feld.

Sechs Monate später. Endlich scheint William die Enttäuschung mit Anna überwunden zu haben, da steht sie unvermittelt vor seiner Tür. Sie will sich bei ihm vor der Journalistenmeute verstecken, die sie verfolgt, weil alte Nacktfotos von ihr aufgetaucht sind. Im Laufe des nun folgenden Wochenendes verlieben sich die beiden erneut ineinander.

Doch als Sensationsreporter sie aufstöbern, fühlt Anna sich von ihrem Geliebten verraten und packt wütend ihre Koffer …

Was zu sagen wäre

Ich bin doch nur ein Mädchen, das vor einem Jungen steht und ihn bittet es zu lieben.“ Es ist eine der schönsten Liebeserklärungen im Kino der vergangenen 3.000 Jahre und in jedem normalen Film der Satz vor dem endgültigen Kuss, Musik schwillt an, Abblende, Titel, Vorhang. In "Notting Hill" sagt der so angesprochene Buchhändler William zum Hollywoodstar Anna, er könne das nicht annehmen, denn wenn sie ihn, wovon er leider ausgehen müsse, ein weiteres Mal verlasse, würde das sein kleines Herz nicht mitmachen und also geht der Film noch eine viertel Stunde weiter und endet in einer Liebeserklärung vor der Weltpresse und mit einem der romantischsten Schlussbilder, das je für einen Film ersonnen worden ist: Anna und William auf einer sonnenbeschienenen Parkbank, er ließt ein Buch, sie liegt versonnen und schwanger in seinem Schoß, dazu perlt Elvis Costello Song "She".

Mit "Notting Hill" präsentiert das Team von Vier Hochzeiten und ein Todesfall (1994) eine neue Love Story. Dabei ist "Notting Hill" keine Fortsetzung von Hochzeiten. Der Film erzählt eine ganz alltägliche Liebesgeschichte, nur mit der Besonderheit, dass sich die berühmteste Frau der Welt und ein ganz normaler Durchschnittstyp ineinander verknallen. In gewisser Weise ist diese Romanze eine Neuauflage von Ein Herz und eine Krone (1953) mit Julia Roberts als Audrey Hepburn und Hugh Grant als Gregory Peck. Allerdings hat "Notting Hill" etwas, was viele zeitgenössische Romanzen und auch "Ein Herz und eine Krone" nicht haben: ein bezauberndes Ensemble um die Liebenden herum.

Gesetzt in solchen Filmen sind im allgemeinen für ihn der Best Buddy, der ihm beim Squash die Sache mit Frauen und Sex erklärt und bei ihr die beste Freundin, die sie warnt, sich schon wieder mit einem Typen einzulassen. Diese beiden Figuren fallen hier weg. statt dessen gibt es Familie und Freunde, die wie Familie sind.

Gleich ihr erstes Date mit William führt Anna in Williams Familie ein. Seine Schwester hat zum Geburtstagsessen geladen und eigentlich mag man sich romantischer erste Dates vorstellen, aber dieser Abend, gefüllt mit charmanten Normalos mit Fehlern und großem Herz wird zur zentralen Szene des Films, wenn der Wettkampf zum den letzten Brownie entbrennt und der gewinnen soll, der das schwerste Schicksal zu schultern hat. Alle stellen sich ins jeweils bedauernswerteste Licht – die eine im Rollstuhl, der andere mit Pech bei Frauen, die dritte mit Figurproblemen, der fünfte ist ein Loser in seiner Firma. Und dann erzählt Anna, sie mache Diät, „also ich hungere, seit ich 19 bin“, sie habe sich, um so auszusehen wie sie aussieht, zweimal unters Messer legen müssen und wenn ihre Schönheit in ein paar Jahren dennoch verblasse, werde den Menschen auffallen, dass sie gar nicht spielen können und zurück bleibe eine vergessene Frau mittleren Alters. betroffenes Schweigen am Tisch. Bis sich jemand erinnert, dass sie aber für jeden film 15 Millionen Dollar bekommt. Damit ist Anna aus dem Rennen um den Brownie raus.

Spielt Julia Roberts letztlich eine Version ihrer selbst (Seite an Seite – 1998; Fletchers Visionen – 1997; Die Hochzeit meines besten Freundes – 1997; Alle sagen: I love you – 1996; Michael Collins – 1996; Mary Reilly – 1996; Power of Love – 1995; Prêt-à-Porter – 1994; I love Trouble – 1994; Die Akte – 1993; The Player – 1992; Hook – 1991; Entscheidung aus Liebe – 1991; Der Feind in meinem Bett – 1991; Flatliners – 1990; Pretty Woman – 1990; Magnolien aus Stahl – 1989; Pizza, Pizza – Ein Stück vom Himmel – 1988)? Das möchte man angesichts dieses bezaubernd strahlenden Rehaugen-Mädchen gerne glauben, dass sie, wenn das ganze Hollywood-ChiChi mal beiseite steht, genauso nett ist. Aber darum geht es natürlich gar nicht. Sie spielt ihre Rolle souverän, zeigt die Sehnsucht der Weltberühmten nach Einfachheit und Ruhe und deren Kampf, dem Normalbürger klar zu machen, was es heißt, Anna Scott sein zu müssen. Und manchmal kann sie die Erfahrung des Superstars Julia Roberts für ihre Rolle als Anna nutzen. Zu ihr passt der schüchtern stammelnde Händler von Reiseliteratur, William, perfekt.

Hugh Grant ("Extrem… mit allen Mitteln" – 1996; Sinn und Sinnlichkeit – 1995; Neun Monate – 1995; Der Engländer der auf einen Hügel stieg und von einem Berg herunterkam – 1995; Vier Hochzeiten und ein Todesfall – 1994; Was vom Tage übrig blieb – 1993; Bitter Moon – 1992; "Der Biss der Schlangenfrau" – 1988; "Die letzten Tage in Kenya" – 1987; "Maurice" – 1987) spielt William, den Buchhändler, der jeden Monat Verluste mit seinem Laden für Reiseliteratur macht, sich dennoch im angesagten Notting Hill ein Haus leisten kann und nette Freunde hat, die alle angenehm nur so mittel bis nicht erfolgreich sind. Grant spielt diese Unschuld aus dem Buchladen, der auf Anna Scotts Blitzlichtleben wie in ein anderes Universum blickt, ganz nachfühlbar.

"Notting Hill" dauert für eine RomCom unerhörte zwei Stunden. Dafür nimmt diese Liebe aber auch drei Anläufe. Der erste ist von der Unschuld des zufälligen Aufeinandertreffens gezeichnet, bei dem beide nichts erwarten. Der zweite startet als Freundschaftsdienst, um sie vor den Londoner Pressemeute zu verstecken und endet in einer mittleren PR-Katastrophe, die für William in einer zauberhaft melancholischen Szene gipfelt. William wandert verloren durch die Straßen und Marktstände von Notting Hill. Dabei ändern sich die Jahreszeiten von Sommer zu Herbst zu Winter zu Frühling, da sehen wir zu Beginn eine schwangere Frau, die am Ende mit einem Kind auf dem Arm wieder auftaucht, Williams Schwester Honey ist am Anfang frisch verliebt und trennt sich weinend am Ende der Szene, die aussieht, als wäre sie in einer Einstellung gedreht, was sie tatsächlich nicht ist. Und über allem singt traurig Bill Withers "Ain't no sunshine, when she's gone". Gefühlvollst.

Der Film startete nahezu zeitgleich mit Die Braut, die sich nicht traut, ebenfalls mit Julia Roberts in der Hauptrolle. Im direkten Vergleich beider Filme zog Julia Roberts als Braut an der Seite von Richard Gere 30 Prozent mehr in die Kinokassen. Langfristig gesehen allerdings hat "Notting Hill" sich als der wirtschaftlich größere Erfolg erwiesen: Seine Produktion kostete etwa 42 Millionen US-Dollar, von denen rund 15 Millionen an Julia Roberts gingen (wie sie selber im Film sagt). Weltweit eingespielt hat der Film dann 364 Millionen US-Dollar (Runaway Bride kostete 70 Millionen und erspielte weltweit 310 Millionen)

Wertung: 11 von 11 D-Mark
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