In 20 Sketchen wird die US-amerikanische Kino- und Fernsehwelt der Siebzigerjahre veralbert: Nachrichtensendungen und Reportagen, Talkshows, Werbepausen, Serien und Spielfilme..
Im gefühlsechten Kino sorgen eigens geschulte Mitarbeiter für möglichst authentische Empfindungen der Zuschauer. Das Filmspektrum reicht von „Im Gericht“, einer Parodie auf Perry Mason, über eine Reportage über den unerschrockenen „Gefahrensucher“, über ein Auto, das uns sogar warnt, wenn unser Hosenstall offen steht und Werbung für eine sexuell stimulierende Schallplatte für Paare.
Eine neue Fettabsaugemaschine befreit nicht nur Pubertierende von ihren Pickeln, sondern dient zugleich zur Ölgewinnung. In einer Informationssendung geht es um die Bedeutung von Zinkoxid im täglichen Leben. Eine Werbekampagne klärt über die furchtbaren Folgen der Onanie auf. Während es ein junges Paar vor dem eingeschalteten Fernsehgerät treibt, drängeln sich die Tontechniker um den Nachrichtensprecher, um ihnen dabei zuzusehen und ihre Leistung eifrig zu kommentieren …
„In das Popcorn, dass Sie essen, haben wir reingepisst! Film nach Elf.“ Das Kino nimmt sich seinen großen Konkurrenten, das Fernsehen, zur Brust; Fernsehen, wie es ZAZ sehen – Jerry & David Zucker und ihr Kumpel Jim Abrahams unter der Regie des ihnen geistesverwandten John Landis (Schlock – Das Bananenmonster – 1973). Die drei haben sich einen wilden Fernsehabend mit Anleihen bei Woody Allen zusammengeschnitten. Hauptsache es ist primitiv, billig und stets mit Sex und Action garniert: das Wunderland Fernsehen als Albtraum.
Eine durchgehende Handlung gibt es nicht, dafür wird kräftig zwischen den Kanälen hin und her gezappt. Was da zum Vorschein kommt, ist eine wüste Mischung aus Nachrichten, Reportage, Werbung, Klatsch, Talk-Show, Kochkurs und anderen Geschmacksverirrungen. Werbespots, die die Wir-sind-besser-Botschaften als schlecht kaschierte Lügen entlarven, Talkshows mit leeren Phrasen, die auch ein irrlichterndes Studimikrofon, das säuft, rülpst und Feuer gibt, nicht mit Erkenntnis aufblasen kann, Reporter vor Ort, deren Kontakt zum Studio ausgefallen ist, wissenschaftliche Filme, die in gehobenem Ernst Hängebrüste und Chaos kommentieren, jede Menge Filmtrailer über kommende Samuel-L.-Bronkowitz-Produktionen wie etwa „Katholische Schulmädchen in Not“, ein beinharter Porno, oder „That's Armageddon“, die Quintessenz aller Katastrophenfilme oder auch „Cleopatra Schwartz, ein Blaxploitation-Kracher, in der eine schwarze Killerin mit einem orthodoxen Juden Bett und Maschinenpistole teilt – „Nie in der Filmgeschichte hat die Leinwand wildere Szenen von ungezügelterer Offenheit gezeigt.“ Die Gags sind mal Wortspiel, mal flacher Pennäler-Furz, mal gehobener Doppelsinn, mal derart reine Meta-Ebene, dass man vor Schreck den Gag dahinter nicht erkennt.
Zwischen all diesem Quatsch, dessen Erfindung erkennbar viel Spaß gemacht haben muss, gibt es dann an diesem Fernsehabend den Hauptfilm „Für eine Handvoll Yen“, der sich auf fröhliche Feixerei mit den Kampofsportfilmen aus China auseinandersetzt und schließlich im schönen Kansas endet, in das Alice nach ihrer Tour durchs Wunderland zurückkehrt. Dieser halbstündige Film im Film ist schönster Dadaismus. Wenn man meint, eine Handlung erkannt zu haben, ändert die Geschichte ihre Richtung; der Oberschurke lässt Verräter köpfen und dann zur Bestrafung in den Folterkeller bringen, für einen weiteren Delinquenten hält der böse Klahn die ultimative Strafe bereit: „Send him to Detroit!“ „Detroit?!?!?! No! Please not Detroit!!!“ Wenn sich Lou, britischer Agent mit asiatischen Wurzen und in der Kampfkunst versiert, endlich in den Atomn-Keller des schurischen Klahn vorgekämpft hat, wird er von einer in bunte Hauwaiihemden gekleidet Reisegruppe zur Seite gestoßen: „Und hier sind wir im Zentrum des Klahn'schen Imperiums. Dort sehen sie die Atombombe, mit der unser Herrscher die Welt erobern will.“
Dann geht es nahtlos über mit Werbung für Willer-Bier, in dem Hare-Krishna-Mönche nach „einem harten Tag, an dem Du wieder 50 Leute belästigt hast“, zum kalten Bier greifen und einem für das Brettspiel „Scott Free“, das aussieht wie Monopoly, aber die Ermordung Kennedys zum Thema hat; Ziel ist es, nach einem erfolgreichen Mordanschlag zu entkommen, Beweise zu vernichten und die öffentliche Meinung für sich zu gewinnen.
Visuell ist die Sketchsammlung keine Herausforderung. Bildkomposition und Schauspieler sind weitgehend abwesend oder, sofern anwesend, unterfordert, ein Spannungsbogen ist nicht vorhanden. „Totales Fernsehen, dass es nur im Kino gibt“, sagt die Werbung zu diesem Film. Stimmt: Im Fernsehen ist das Fernsehen längst nicht so lustig.
<Nachtrag 2016>40 Jahre nach der Entstehung dieses Films ist das Grauen, das dieser Film prognostiziert, längst Wirklichkeit: Vieles von dem, was heute mit absolutem Bierernst als TV-Unterhaltung angepriesen wird, übertrifft die Parodie an Absurdität und Geschmacklosigkeit um ein Vielfaches.</Nachtrag 2016>
Jim Abrahams, Jerry und David Zucker gründeten 1969 an der Universität von Wisconsin in Madison die studentische Theatergruppe „Kentucky Fried Theatre“. Der Anklang des Namens an den der Fastfoodkette „Kentucky Fried Chicken“ ist kein Zufall, denn sie hatten es von Anfang an auf Satiren über den American Way of Life abgesehen.