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Plakatmotiv: Die Glücksritter (1983)
Herzlicher Zynismus
mit ordentlicher Rendite
Titel Die Glücksritter
(Trading Places)
Drehbuch Timothy Harris + Herschel Weingrod
Regie John Landis, USA 1983
Darsteller Dan Aykroyd, Eddie Murphy, Jamie Lee Curtis, Denholm Elliott, Ralph Bellamy, Don Ameche, Clint Smith, Ron Taylor, James D. Turner, Giancarlo Esposito, Steve Hofvendahl, James Eckhouse, Paul Gleason, Gwyllum Evans, Frank Oz, Eddie Jones, John McCurry, Michelle Mais, Barra Kahn, Bill Cobbs, Joshua Daniel, Maurice Woods, Richard D. Fisher Jr., Jim Gallagher, Anthony DiSabatino, Bonnie Behrend, Sunnie Merrill, James Newell, Mary St. John, Bonnie Tremena, David Schwartz, Tom Degidon u.a.
Genre Komödie
Filmlänge 116 Minuten
Deutschlandstart
16. Dezember 1983
Inhalt
Louis Winthorpe III ist der Geschäftsführer von Duke & Duke Commodities Brokers, dem Unternehmen der millionenschweren Brüder Randolph und Mortimer Duke, das Warentermingeschäfte betreibt und vermittelt. Er hat einen Butler namens Coleman, der ihn umsorgt, ist mit Penelope, der Nichte der Duke-Brüder, verlobt und verkehrt in den besten Kreisen. Der Gauner Billy Ray Valentine schlägt sich mit Betteln durchs Leben, indem er vorgibt, im Vietnam-Krieg Beine und Augenlicht verloren zu haben. Eines Tages treffen beide aufeinander, als Billy Ray vor einer Polizeikontrolle flieht und dabei Louis umrennt, der gerade aus dem „Heritage Club“ kommt. Billy Ray wird irrtümlich beschuldigt, Louis ausrauben zu wollen, und wird ins Gefängnis gesteckt.

Die Duke-Brüder schließen aus einer Laune heraus untereinander eine Wette ab über die Frage, ob das Verhalten des Menschen mehr von seiner Umwelt oder seinen Genen bestimmt wird. Dies wollen sie in einem Experiment klären. Sie beschließen, die Rollen von Billy Ray und Louis zu tauschen und zu prüfen, ob diese sich ihrem neuen Umfeld anpassen werden. Dazu beauftragen sie ihren Handlanger Clarence Beeks, der Louis am nächsten Tag im Heritage Club ein markiertes Geldbündel unterschiebt und ihn vor den anwesenden Clubmitgliedern als Dieb überführt, worauf Louis verhaftet wird.

Plakatmotiv (US): Trading Places – Die Glücksritter (1983)Die Dukes sorgen außerdem dafür, dass ihm die Unterschlagung von Firmengeldern sowie Drogenhandel angehängt werden. Billy Ray wird inzwischen von den Duke-Brüdern gegen Kaution aus dem Gefängnis geholt und in das Haus von Louis gebracht unter dem Vorwand, sie wollten ihn zum neuen Manager des Unternehmens aufbauen. Billy Ray nimmt das Angebot an, braucht jedoch einige Zeit, um sein Glück fassen zu können.

Als Louis anderntags von Penelope aus dem Gefängnis abgeholt wird, sorgt Beeks dafür, dass die Prostituierte Ophelia auf Louis zugeht, ihn küsst und fragt, ob er wieder Drogen für sie habe. Trotz Louis' Unschuldsbeteuerungen ist Penelope außer sich und verlässt ihn. Da Louis' Bankkonten gesperrt sind, seine Freunde ihn zurückweisen und sein Butler Coleman leugnet, ihn zu kennen, nimmt Ophelia den am Boden zerstörten Louis mit zu sich nach Hause.

Billy Ray entwickelt sich zu einem fähigen Manager. Er kann schnell die ersten Erfolge verzeichnen und genießt das Leben im Reichtum. Louis hingegen sinnt auf Rache und versucht, als Weihnachtsmann verkleidet bei der firmeninternen Weihnachtsfeier Billy Ray Drogen unterzuschieben …

Was zu sagen wäre

Geld verdirbt den Charakter, heißt es. Dabei sollte man differenzieren: nicht jedermanns Charakter. Nur wenn man reich geboren ist, ist Charakter Mangelware. Reiche Menschen sind böse, arme Menschen sind nett und hilfsbereit, weil sie auf die Hilfe der anderen, imn Gegensatz zu den Reichen angewisen sind. Das ist keine so ganz neue Botschaft. Aber John Landis („American Werewolf“ – 1981; Blues Brothers – 1980; Ich glaub', mich tritt ein Pferd – 1978; Kentucky Fried Movie – 1977; Schlock – Das Bananenmonster – 1973) verpackt sie eine höchst amüsante, gut gelaunt zynische Komödie.

Sein New Yorker Personaltableau ist reines Comic: Dan Aykroyd („Dr. Detroit“ – 1983; „Die verrückten Nachbarn“ – 1981; Blues Brothers – 1980; „1941 – Wo bitte geht's nach Hollywood“ – 1979) als schnöseliger Winthorpe III, mit Goldenem Löffel im Mund geboren, ist fleischgewordener nasaler Snobismus, seine Freundin Penelope elegant herausgeputzter Reichtum ohne Inhalt, Eddie Murphy ist die herzensgute Armut in Person und wie schon in 48 hrs. spielt er einen Schwarzen ohne schwarze Attitüden, ohne Ghettohintergrund. Ralph Bellamy und Don Ameche als The Dukes sind lebensfern und eher unbeabsichtigt grausam, weil sie mit dem kalten Leben außerhalb der Mauern ihrer Villen noch nie in Berührung kamen. Ophelia, die Hure, hat Kaugummi im Mund und das übergroße Herz am rechten Fleck. Und der Winter in New York ist so kalt, dass nicht einmal weihnachtliche Gefühle Wärme versprechen. Nur Coleman, der Butler, der sich das Treiben seiner Herrn nur heimlich fassungslos anschaut, macht eine Wandlung durch – vom loyalen Diener des Geldes zum loyalen Diener der Gerechtigkeit. Nur Coleman?

Nein, natürlich nicht: Winthorpe, der die Armut kennenlernt, wird ein freundlicher Mensch, aber mehr durch Ophelia – die mit dem großen Herzen – als durch die Armut, die ihn aber irgendwann in ein Nikolauskostüm zwingt, in dem er einen vom Buffet gestohlenen Lachs durch den versifften Nikolausbart reißt, während er im Regen steht und von einem Hund angepoisst wird. Da inszeniert John Landis einen der Höhepunkte seines Films: Dan Aykroyd als Nikolaus ist einer der erbärmlichsten Anblicke des zeitgenössischen Kinos.

Plakatmotiv: Die Glücksritter (1983)Murphys Figur, der Bettler, der es zum Börsenstar schafft, macht keine Entwicklung außer dieser durch. Er beginnt als Netter und endet als Netter; dass er zu Beginn Leute betuppt, denen er mit einer Mitleidsnummer — „Kriegsversehrter ohne Beine“ – Geld aus der Tasche locken will, naja, geschenkt. Von irgendwas muss der arme Mann doch leben. Er schlägt sich mit Sprüchen und Schlagfertigkeit durchs Leben, ist witzig – und also charmant. Kaum ist Valentine reich, gehen ihm seine Schnorrer-Freunde auf die Nerven, die die teuren Teppiche verschmutzen; bei einer Party schmeißt er sie alle raus, findet sie geschmacklos. Das ist aber keine charakterliche Entwicklung, lediglich Ausdruck der Erkenntnis, dass er jetzt etwas zu verlieren hat.

Erst, wenn Menschen etwas zu verlieren haben, suchen sie sich ihre Mitmenschen aus. Wenn sie nichts mehr zu verlieren haben, müssen sie nehmen, was da ist – am unteren Ende des Geldes – oder sie werden grausam, wie die Dukes am oberen Ende des Geldes, die wegen der Wette um einen Dollar zwei Existenzen aufs Spiel setzen, die am Ende ihre eigenen beiden Existenzen sind, während vier andere gerettet sind – was für eine Rendite!

Es ist nicht Landis' Ansatz, die Verlogenheit der Welt zu entlarven, er ahnt wohl, dass die meisten seiner Zuschauer an dieser schon mal verzweifelt ist. Zwar stellt er Arm gegen Reich, die Bedürftigkeit gegen das Lustprinzip des Anything-Goes, dass es einem im Kinosessel fröstelt. Mehr will er aber nicht. Ihm liegt mehr an dem beißenden Witz, der sich aus dieser Konstellation gewinnen lässt und den er dann aus den Dialogen und Szenen tropfen lässt.

Louis Winthorpe III erfährt, dass er gelinkt worden ist „wegen einer Wette“. So richtig erschüttert wirkt er nicht, mit so etwas rechnet er in seiner Welt. Als erstes will er wissen, um wieviel es bei dieser Wette ging. Die Wette geht um „1 Dollar“, also um die Währungseinheit der Welt: „Dollar“. Damit kann dann auch Louis Winthorpe III wieder umgehen: Wenn es um Dollars geht – um Geld also – weiß er, was zu tun ist. Zu Beginn schmeißt Valentine, noch arm und ahnungslos, eine teure Vase zu Boden und Randolph mutmaßt, man habe wohl „35.000 Dollar dafür ausgegeben. Aber wenn ich recht erinnere, haben wir sie für 50.000 versichert. Schon hat uns Valentine einen Gewinn von 15.000 Dollar verschafft.“ Auch das ist Comic; aber auch der Zynismus des alltäglichen Versicherungsbetrugs – wir sind alle ein bisschen Duke-Brothers.

Wertung: 8 von 9 €uro
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