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Plakatmotiv: Frankenstein (1931)

Wer ist das Monster? Der
Mensch oder die Kreatur?

Titel Frankenstein
(Frankenstein)
Drehbuch Garrett Fort + Francis Edward Faragoh + Richard Schayer
nach dem gleichnamigen Roman von Mary Shelley sowie dem Bühnenstück "Frankenstein" von Peggy Webling
Regie James Whale, USA 1931
Darsteller
Colin Clive, Mae Clarke, John Boles, Boris Karloff, Edward Van Sloan, Frederick Kerr, Dwight Frye, Lionel Belmore, Marilyn Harris, Michael Mark u.a.
Genre Horror
Filmlänge 70 Minuten
Deutschlandstart
18. Mai 1932
Inhalt

Bayern im 19. Jahrhundert: Der junge Wissenschaftler Dr. Henry Frankenstein versucht abseits der anerkannten Wissenschaft, Leben aus toter Materie zu erschaffen. Auf Grund von Meinungsverschiedenheiten mit seinem Professor hat er die Universität verlassen.

In einem entlegenen alten Wachturm treibt Frankenstein seine Forschungen voran. Die einzige Person, die er in seiner Nähe zulässt, ist sein Gehilfe Fritz. Nachdem es ihm gelungen ist, ein vormals totes Herz drei Wochen lang schlagen zu lassen, beginnt Frankenstein damit, mit Hilfe seines Assistenten aus Leichenteilen einen Körper zu erschaffen. Diese Leichenteile besorgt er sich auf Friedhöfen oder von frisch gehenkten Verbrechern an deren Hinrichtungsstätten. Die moralischen Aspekte sind ihm dabei völlig egal. Diesem Körper will er mit den von ihm entdeckten elektrischen Strahlen Leben einhauchen. Zur Vollendung seines Werkes fehlt ihm nur noch ein Gehirn und er beauftragt Fritz, ein solches aus der Präparatensammlung des Professor Waldmann zu stehlen. Fritz unterläuft dabei ein Fehler. Statt des Gehirns eines gesunden Menschen entwendet er das Präparat eines Mörders.

Frankenstein hält selbst zu seiner zukünftigen Frau nur per Brief Kontakt. In diesen Briefen berichtet er seiner Braut Elisabeth nur sehr vage von seinen Experimenten. Elisabeth wird zunehmend beunruhigter und bittet ihren Bekannten Victor und Professor Waldmann um Hilfe, um Henry Frankenstein zur Vernunft zu bringen.

Ein aufziehendes Gewitter erscheint Frankenstein für das Gelingen seines Experimentes hilfreich. Während Frankenstein die letzten Vorbereitungen trifft, wird er von Elisabeth und ihren beiden Begleitern gestört. Er kann sie nicht abweisen und so setzen sie durch, an dem Experiment teilzunehmen. Durch einen Blitzeinschlag gelingt es Frankenstein tatsächlich, das Geschöpf zum Leben zu erwecken.

Plakatmotiv: Frankenstein (1931)Elisabeth und Victor sind erschüttert und verlassen den Turm, während Professor Waldmann fasziniert ist und Frankenstein bei der Beobachtung des Geschöpfes unterstützt. Dabei erfährt Waldmann, dass das Gehirn des Geschöpfes aus seinem Labor stammt. Voller Entsetzen erzählt er Frankenstein, dass es sich dabei um das Gehirn eines Mörders handelt. Frankenstein ist aber so begeistert von seiner Schöpfung, dass er alle Warnungen des Professors ignoriert. Als wenig später sein Gehilfe Fritz, der das Ungeheuer mit einer Fackel gequält hat, aufgehängt gefunden wird, stimmt Frankenstein Waldmann zu, dass das Monster getötet werden muss. Bevor es aber dazu kommt, taucht Elisabeth wieder auf. Dieses Mal ist sie in Begleitung des Vaters von Dr. Frankenstein. Auch er ist in Sorge um seinen Sohn und möchte ihn ebenfalls von seinem Tun abbringen und nach Hause holen. Dr. Frankenstein bricht nach den Anstrengungen der letzten Zeit zusammen. Sein Vater nimmt ihn daraufhin mit zu sich nach Hause.

Professor Waldmann hingegen konnte das Geschöpf vor den ungebetenen Besuchern verstecken. Er bleibt mit diesem im Turm zurück. An seinem Hochzeitstag mit Elisabeth erfährt Frankenstein, dass sein Geschöpf Professor Waldmann umgebracht hat und nun in der Gegend um den Turm sein Unwesen treiben soll …

Was zu sagen wäre

… und der Mensch beschloss, Gott abzulösen. So sieht es der Wissenschaftler Henry Frankenstein, der angesichts der lebendig vibrierenden Hand seiner Kreatur glaubt, Gott sein letztes Geheimnis abgepresst zu haben. James Whale verwendet nur einige Motive und Personen aus Mary Shelleys Roman. Eigentlich beruht sein Film auf dem gleichnamigen Bühnenstück von Peggy Webling.

Der Film wirft Fragen auf: Wie wichtig ist ein wissenschaftlicher Durchbruch? Frankenstein erschafft ein lebendes Wesen – das aber dann nur Tod und Verderben erzeugt. Wäre die Geschichte anders verlaufen, wenn Assistent Fritz nicht das „abnormale Gehirn“ geholt hätte, sondern das normale? Welchen Einfluss hat das Gehirn gegenüber dem Körper, das es steuert? Ist Henry Frankenstein verrückt, nur weil er dem Wissensdurst der Wissenschaft nachgibt? Nach diesem Film kann der Abend in der anschließenden Kneipe lang werden.

Plakatmotiv: Frankenstein (1931)James Whale inszeniert diese vielen Fragen in knackigen Licht-und-Schatten-Bildern, für die er seinen Kameramann Arthur Edeson von der Leine lässt. Der setzt Zooms, Schwenks und Kamerafahrten aus (für die damalige Zeit) ungewöhnlichen Perspektiven ein. Edeson experimentiert mit Licht und Schatten und bewegt seine Kamera. Im zeitgenössischen Kino ist es üblich, die Kamera aufzubauen und dann die Handlung davor zu dirigieren; jetzt wird die Kamera Teil der Inszenierung, Teil der Handlung und schafft prompt eine gruselig-klaustrophobische Atmosphäre.

In diesem visuell spannenden Kontext stellt der Film noch eine Frage: Welche Rechte – und welche Verantwortung – hat eigentlich eine solche Kreatur? Boris Karloff, der sie spielt, musste vor jedem Drehtag vier Stunden in die Maske. Die Kreatur ist monströs. Sie ist aber auch bemitleidenswert. Sie kann nicht sprechen, bringt nur unartikulierte Laute aus ihrem Mund. Lädt sie Schuld auf sich, wenn sie ein Mädchen in einen Teich wirft, das darin ertrinkt? Oder ist nicht Frankenstein dafür verantwortlich, der offenbar die Risiken und Nebenwirkungen seiner Schöpfung nicht ausreichend durchdacht hat? Karloff übrigens mischte sich in das Design der Kreatur aktiv ein: er hatte die Idee mit den hängenden Augenlidern, die mit Wachs verlängert wurden um dem Monster diesen schläfrigen Ausdruck zu verleihen, der wiederum dessen womögliche Unschuld unterstreicht. Denn, nächste Frage: Wie verantwortlich ist die Kreatur für ihre Taten?

Hier verbirgt sich das eigentliche Drama dieses 1931 mit innovativen Mitteln inszenierten Monsterfilms: Wer ist das Monster? Der Wissenschaftler? Oder die Kreatur, die er erschaffen hat?

Wertung: 5 von 5 D-Mark
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