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Plakatmotiv: Der Buchladen der Florence Green (2017)
Ein berührendes Drama
über die Macht der Bücher
Titel Der Buchladen der Florence Green
(The Bookshop)
Drehbuch Isabel Coixet
nach dem gleichnamigen Roman von Penelope Fitzgerald
Regie Isabel Coixet, UK, Spanien, Deutschland 2017
Darsteller Emily Mortimer, Bill Nighy, Patricia Clarkson, James Lance, Hunter Tremayne, Honor Kneafsey, Michael Fitzgerald, Frances Barber, Reg Wilson, Lucy Beckwith, Nigel O'Neill, Jorge Suquet, Harvey Bennett, Lana O'Kell, Adie Allen u.a.
Genre Drama
Filmlänge 113 Minuten
Deutschlandstart
10. Mai 2018
Inhalt

Florence Green ist eine verwitwete Frau, die in den späten 1950er Jahren in die kleine Küstenstadt Hardborough im Osten Englands zieht. Nachdem sie früh ihren Mann verloren hat, mit dem sie eine Liebe zu Literatur aller Art teilte, möchte sie ihren Traum verwirklichen und beschließt, eine kleine Buchhandlung eröffnen, um die anderen Bewohner des verschlafenen Städtchens mit aufregenden und interessanten Geschichten zu begeistern.

Zunächst geht ihr Plan auf, die von ihr verkauften Bücher finden überall Anklang und sogar der eigenbrötlerische, zurückgezogen lebende Mr. Brundish findet Gefallen am neuen Buchladen und dessen Besitzerin.

Doch dann macht die einflussreiche Violet Gamart Ärger, die zu den angesehensten Personen in Hardborough gehört und befürchtet, die Kontrolle über die Stadt und ihre Bewohner zu verlieren …

Was zu sagen wäre

Ein Dorf in Suffolk. Die Wellen krachen an die Küstenfelsen, die sanfte Hügellandschaft schimmert grün, die kleinen Mädchen tragen Schürzen, und die alten Häuser von Hardborough trotzen der Zeit. Florence will sich hier ein neues Leben aufbauen: Einen Buchladen wird sie eröffnen. Man möchte gerade seufzen, wie schön es war, als die Menschen noch Bücher lasen, da wird Florence darauf hingewiesen, hier lese niemand.

Bücher gefährden die Mächtigen. Sie bringen Menschen auf Gedanken, die langfristig Systeme zum Einsturz bringen. Es sind in Isabel Coixets Film nicht die Bücher direkt, die für Unruhe in der gesetzten Ordnung des kleinen Fischerdörfchens sorgen, es ist ihre Besitzerin, eine begeisterte Leserin, deren Mann im Krieg geblieben ist, die findet, mit Büchern sei man nie allein, und die ihre Freude darüber mit den Bewohnern teilen möchte. Und plötzlkich fällt der grauen Eminenz des verschlafenen Örtchens auf, dass das ihre herausgehobene Stellung gefähreden könnte.

Ein ganze Weile entwickelt sich der Film wie eine sympathische David-gegen-Goliath-Nummer. Was kann es sympathischeres geben als Bücher mit ihren mannigfaltigen Geschichten – das finden übrigens auch zunehmend die Menschen in dem kleinen Städtchen so. Aber als dann alles für den große Steinschleuder-Sieg Davids geebnet ist, wird dessen Steinschleuder plötzlich einkassiert. Die freundliche Buchhändlerin steht allein gegen dunkle Mächte.

Die dunklen Mächte, die einflussreiche Violet Gamart, verkörpert Patricia Clarkson, die in letzter Zeit gerne die verschlagene Hexe mit dem charmanten Lächeln spielt (Maze Runner – Die Auserwählten in der Brandwüste – 2015; Learning to Drive – 2014; Zwei an einem Tag – 2011; Freunde mit gewissen Vorzügen – 2011; Shutter Island – 2010; Whatever Works – 2009; Vicky Cristina Barcelona – 2008; Lars und die Frauen – 2007; Das Spiel der Macht – 2006; Das Versprechen – 2001; The Green Mile – 1999; Leben und lieben in L.A. – 1998; Jumanji – 1995). Als graue Eminenz behält sie die letzten Geheimnisse für sich; die muss der Zuschauer sich erdenken. Es muss reichen, dass diese Frau geübt darin ist, immer allen Fäden in der Hand zu halten. Ich hätte Mrs. Clarkson gewünscht, dass irgendetwas an ihrer Figur positiv stimmen würde; das hätte ihre Fallhöhe vergrößert.

Plakatmotiv (UK): The Bookshop – Der Buchladen der Florence Green (2017)Mit welcher Perfidie sie ihre dörflichen Schachfiguren verschiebt, ist atemberaubend zu beobachten – und Patricia Clarkson lächelt weiter freundlich unverbindlich. Emily Mortimer (Hugo Cabret – 2011; Shutter Island – 2010; Lars und die Frauen – 2007; Match Point – 2005; The Kid – Image ist alles – 2000; Scream 3 – 2000; Notting Hill – 1999; Elizabeth – 1998) spielt ihre Gegnerin wider Willen, die Titelheldin Florence Green. und das macht sie wunderbar. Sie gibt dieser im Kern starken, standfesten Frau eine flatternde Verletzlichkeit, eine schüchterne Unbeholfenheit, das wir jederzeit bereit sind, sie gegen die Drachen da draußen zu verteidigen. Die zarte Buchhändlerin hat recht, weil Emily Mortimer ihr zum Recht verhilft.

Bill Nighy spielt den verschroben wirkenden, zurückgezogen lebenden, aber jederzeit über alles im Dorf informierten Mr. Brundish. Dieser Griesgram wird ihr Verbündeter, der geradezu aufblüht, als Florence ihn mit Ray Bradburys „Fahrenheit 451“ bekannt macht, einer Utopie über einen Staat, der Bücher lieber verbrennt. Brundish ist begeistert, fordert von nun an Romane, die von schrecklichen Menschen handeln, Biografien, die aber nur von guten Menschen handeln dürfen – er selbst hält letzter SApezies für eher selten. Nighy hat solche Figuren so oft gespielt, dass er sie leicht wirken lässt, während er souverän kleine Schauspielperlen aus dem Ärmel zaubert (Best Exotic Marigold Hotel 2 – 2015; The World's End – 2013; Alles eine Frage der Zeit – 2013; Total Recall – 2012; Zorn der Titanen – 2012; Best Exotic Marigold Hotel – 2011; Harry Potter und die Heiligtümer des Todes – Teil 1 – 2010; „Operation Walküre“ – 2008; Pirates of the Caribbean – Am Ende der Welt – 2007; Underworld – 2003; Tatsächlich… Liebe – 2003).

„Der Buchladen der Florence Green“ ist gutes altes Filmdrama im besten Sinne. Isabel Coioxet lässt ihren Figuren Zeit, die Geschichte zu entwicklen, hält diese, wenn sie auszufransen droht, mit einer Erzählerin aus dem Off zusammen (im Original Julie Christie, die in Truffauts Fahrenheit-Verfilmung die Buchrevoluzzerin Clarisse spielte) und entführt uns ehe wir uns versehen in einen schnuckligen kleinen Buchladen.

Erst am Ende des Films verstehen wir die Dimension des Dramas: Es gibt mehr als eine Buchrevoluzzerin in dem kleinen Städtchen. Isabel Coixet Film ist nicht nur ein Blick zurück in finstere Zeiten ist, sondern in die Gegenwart und in die Zukunft: Man gibt den Kampf für seine Ideale nicht auf, nur weil man gerade mal verloren hat.

Stimmt wohl: Ich müsste langsam mal wieder zum Buch greifen.

Wertung: 7 von 8 €uro
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