Zunächst scheint es nur Spaß-orientierter Selbstzweck zu sein, der sie treibt. Die Suche nach dem eigenen inneren Idioten treibt eine Gruppe junger Leute zu einem dreisten Experiment: Sie simulieren geistige Behinderung und überprüfen dann die Toleranz ihres Umfelds.
Sie baden in der Verlegenheit und unterdrückten Empörung der gut erzogenen Bürger. Zum Beispiel, als sie im Restaurant Essen schnorren; oder als ihr radikalster Vertreter, Stoffer, trotz einer freigelegten Erektion ohne Konsequenzen die Damendusche eines Schwimmbades erobert.
Doch ihr Zusammenhalt wird erschüttert, als Resthemmungen durchbrechen, und seelisch-emotionale Defizite erkennbar werden …
Nein, Lars von Trier macht sich nicht über Behinderung lustig, sondern über das Unvermögen der Normalen, damit umzugehen.
Dass sich ausgerechnet klassische Bürgerschrecks (tätowierte Dänenrocker) am selbstverständlichsten verhalten, zeigt das Ziel an, auf das es von Trier hinter seiner Provokation, die auch eine drastische Gruppensex-Szene einschließt, vor allem abgesehen hat. Zum einen auf das krankmachende Puppenstubenbürgertum, von dem sich ein Mitglied am Ende in einer atemberaubenden Sequenz befreit. Zum anderen unsere Unfähigkeit, bourgeoise Lebensvorstellungen abzuschütteln.
„Idioterne“ ist der zweite Film des dänischen Künstlerkollektivs Dogma 95. Der erste Vertreter heißt „Das Fest“, der dritte „Mifune“. Dennoch: Mir erschließt sich das Kino-Dogma der Dänen nicht, die auf jede Ästhetisierung der Filmgeschichte verzichten wollen – damit auf Bilddesign, Sounddesign, Setdesign. Kino ist ein multimediales Medium, dazu gehören kunstvoll variierter Ton, ein kunstvolles Bild – „kunstvoll“ wie in künstlich.