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Plakatmotiv: Frequency (2000)

Ein Zeitsprung-Krimi mit
sympathischen Figuren

Titel Frequency
(Frequency)
Drehbuch Toby Emmerich
Regie Gregory Hoblit, USA 2000
Darsteller

Dennis Quaid, Jim Caviezel, Shawn Doyle, Elizabeth Mitchell, Andre Braugher, Noah Emmerich, Melissa Errico, Daniel Henson, Jordan Bridges, Stephen Joffe, Jack McCormack, Peter MacNeill, Michael Cera, Marin Hinkle, Richard Sali u.a.

Genre Fantasy, Crime
Filmlänge 118 Minuten
Deutschlandstart
24. August 2000
Inhalt

Wenn John Sullivan die Möglichkeit hätte, die Vergangenheit zu ändern, dann würde er zweifellos alles daran setzen, das Ereignis vom 12. Oktober 1969 ungeschehen zu machen. An jenem Tag starb sein Vater bei einem waghalsigen Einsatz als Feuerwehrmann. John war damals noch ein kleiner Junge. Und jetzt entdeckt er eine Möglichkeit.

Das alte Funkgerät seines Dads. Es mögen diese Nordlichter sein, es mögen Sonnenflecken verantwortlich sein, egal: an diesem Abend hört er die Stimme seines Vaters. Vater und Sohn nehmen, obwohl 30 Jahre voneinander getrennt, Kontakt zueinander auf. Und John ..? John warnt seinen Vater vor dem morgigen Einsatz. Er werde draufgehen, wenn er nicht den anderen Weg raus nehme.

Nun also hat Dad überlebt und stirbt sehr viel später an Lungenkrebs. Aber diese Rettung hat zur Folge, dass Dad an jenem Abend damals seine Frau, eine Krankenschwester, besuchte und die also nicht wegen des Todes ihres Gatten vorzeitig ihren Arbeitsplatz verließ und so ins Blickfeld eines Serienkillers geriet, der schon mehrere Krankenschwestern auf dem Gewissen hat.

John Sullivan und sein Dad haben ein neues Problem. Was wird sich noch alles in der Gegenwart verändern, wenn sie das Buch der Geschichte umschreiben …

Was zu sagen wäre

Eines der wichtigsten, wenn nicht überhaupt das wichtigste Thema im amerikanischen Kino ist das Verhältnis von Vater und Sohn. Legion sind die Filme, in denen sich der Protagonist vom Trauma eines dominanten Vaters befreien muss, bevor er die vom Drehbuch eigentlich gestellte Aufgabe – einen Mord klären, zum Mars fliegen, den bösen Viehbaron ausschalten, ein brennendes Hochhaus evakuieren – erledigen und das Mädchen nach Hause führen kann. Oft ist der Vater zu früh verstorben oder im Krieg geblieben, weshalb der Sohn ihm nicht mehr zeigen konnte, wie toll er im Spiel den Ball trifft.

Toby Emmerich hat eine neue Möglichkeit gefunden, Sohn und Vater auszusöhnen. In seinem Drehbuch sind die beiden nicht verkracht, aber Sohn John hatte sich ein wenig ungeschickt auf dem Fahrrad angestellt und sich damit hingelegt – zu viel Angst ohne die Stützreifen. Am nächsten Tag starb Frank, sein Vater, bei einem Einsatz als Feuerwehrmann – kein Riesending eigentlich, aber John wirft das so aus der Bahn, dass gerade seine Verlobte die gemeinsame Wohnung verlassen hat – „Ich würde mich gerne ändern, aber ich kann es nicht.“ „Nein, John! Du willst Dich einfach nicht ändern. Und genau das tut mir so weh.“ –, John zu viel trinkt und damit seinen Polizeijob vernachlässigt. In Emmerichs Drehbuch sorgen nun Polarlichter und ungewöhnlich starke Sonnenstürme dafür, dass John mit seinem Vater über ein altes Funkgerät in Kontakt treten kann. Das Drehbuch geht von der relativ jungen Quantenschaum-Theorie aus, wonach man in die Vergangenheit nicht zurückreist, sondern in eine parallel existierende Dimension wechselt, die unserer gleicht. Das hat was mit den Sonnenstürmen zu tun, die im Film 1969 und 1999 gleichermaßen auftauchen. Im Fernsehen laufen dazu Sondersendungen, in denen ein Wissenschaftler über neue Thesen zur Raumzeit-Krümmung spricht. Muss man im Kinosessel nicht genau verstehen, bildet aber einen akzeptablen Hintergrund für die nun folgende Fantasy. Plakatmotiv: Frequency (2000) John jedenfalls funkt also nicht in eine Vergangenheit, sondern eher an ein anderes, weit entferntes Parallel-Elternhaus in einem Parallel-Queens. Die Behebung des kleinen Fahrrad-Traumas ist überraschend schnell behoben, Sohn und Vater bekommen in der Folge ausführlich Zeit, miteinander zu sprechen, zu handeln und sogar Morde zu verhindern. Denn John bringt Frank dazu, bei seinem Feuerwehreinsatz, bei dem er einst starb, etwas anders zu machen.

Jetzt überlebt er und Gregory Hoblit, der Regisseur (Dämon – Trau keiner Seele – 1998; Zwielicht – 1996), findet gute Ideen, um zu zeigen, wie sich Johns Erinnerungen plötzlich verändern. Gerade sitzt er mit seinen beiden besten Freunden beim Bier, um am 30. Jahrestag des Unglücks auf seinen Vater anzustoßen, als John, während Hoblit zwischen dem Feuerwehreinsatz, der ein neues Ende finden wird, und der kleinen Gedenkfeier hin und her schneidet, sein Glas fallen lässt. Hoblit springt ganz close an Johns Auge, in dem die neuen Erinnerungen ihren Platz einnehmen. Dass dabei allerdings Johns alte Erinnerungen nicht verschwinden, ist eines dieser Dilemmata, die ein Film, der eine Geschichte auf zwei Zeitebenen erzählt, nicht verhindern kann. Und hier ist es nicht ein kleiner Logik-Ausrutscher. Für die Story ist dieser Umstand auch noch enorm wichtig. Würden die veränderten Ereignisse in der Vergangenheit Johns Erinnerungen überschreiben, würde er an irgendeiner Stelle nicht mehr an das alte Funkgerät zurückkehren und dann würde der Film auseinander fallen. Wir müssen dieses Dilemma mit der doppelten Erinnerung, die nur und ausschließlich bei John auftritt, einfach akzeptieren oder das Kino verlassen. Auch, dass beide, John und sein Vater Frank, erst auf eine Taste am Mikrofon drücken müssen, damit das Funkgerät ihre Sprache überträgt, aber in entscheidenden und dramatischen Situationen Töne und Sprache auch ohne Mikrofontaste übertragen werden, ist eine Schwäche, für die Emmerich keine Lösung gefunden hat. Er lässt es beim Zuschauer drauf ankommen.

Natürlich ändert sich, weil die Vergangenheit verändert wurde, Dramatisches in der Gegenwart. Das gehört zur DNA von Geschichten, die sich mit der Zeit beschäftigen. Ein eben noch 1999 längst vergessener Serienkiller hat in den zurückliegenden 30 Jahren nun weiter Mord um Mord begangen. Unter anderem hat er Johns Mutter getötet, die ja auch Franks Ehefrau ist. Und nun haben beide eine starke Motivation, die Geschichte nochmal und nochmal zu verändern, bis die Sonne wieder lacht. Das macht den Film so unterhaltsam. Weil er überrascht. Er begnügt sich nicht damit, Feuerwehrmann Frank immer wieder in dasselbe Feuer zu schicken, aus dem er dann möglichst immer neue Auswege finden muss, um zu überleben, ohne etwas Weiteres zu verändern. Der einst schicksalshafte Feuerwehreinsatz ist überlebt und vorbei. "Frequency" erzählt eine Mörderjagd, in der die beiden Hauptfiguren sich auf zwei Zeitebenen parallel immer mehr verheddern, Vater Frank zwischenzeitlich auch in Verdacht gerät, selbst der Serienmörder zu sein, was dann Sohn John 30 Jahre in der Zukunft für ihn klären muss, und kulminiert in einem feinen Showdown gleichzeitig 1969 und 1999.

Im Kino lässt mir "Frequency" keine Zeit für theoretische Überlegungen zu Mikrofontasten oder Zeitparadoxien. Hoblit erzählt gerade heraus, schneidet effizient, hält dadurch die Spannung. Außerdem hat er sich einen guten Cast zusammengeholt. Jim Caviezel (Der schmale Grat – 1998; Die Akte Jane – 1997; The Rock – Fels der Entscheidung – 1996) überzeugt mit der ganzen Bandbreite eines Mannes von depressiv desinteressiert bis fröhlich tanzend. Vieles kann er nur über sein Gesicht ausdrücken – in Großaufnahme vor dem Mikrofon – und das macht er mit seinen strahlenden Augen souverän. Dennis Quaid gibt als Vater Frank seine lange geübte Mischung aus mutiger Draufgänger, fröhliches Spielkind und romantischer Sunnyboy (An jedem verdammten Sonntag – 1999; Leben und lieben in L.A. – 1998; Dragonheart – 1996; Power of Love – 1995; Wyatt Earp – Das Leben einer Legende – 1994; "Grüße aus Hollywood" – 1990; Great Balls of Fire – 1989; D.O.A. – Bei Ankunft Mord – 1988; Suspect – 1987; Die Reise ins Ich – 1987; The Big Easy – 1986; Enemy Mine – Geliebter Feind – 1985; "Dreamscape" – 1984; "Der Stoff aus dem die Helden sind" – 1983). Seine sympathische Überforderung hilft dem Zeitkrimi enorm.

Das große Finale können wir als großen amerikanischen Kinokitsch begreifen. Aber der hat sich, wenn wir zurück an den eher depressiven Anfang des Films schauen, eigentlich – es handelt sich um ein Hollywood-Produkt – auch schon abgezeichnet. Und weil wir "Frequency" im Kinosessel aufgrund der erwähnten Unstimmigkeiten im Drehbuch als Märchen abspeichern, ist das Finale dann sogar großartig schmalzig.

Wertung: 8 von 11 D-Mark
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