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Plakatmotiv: Fargo (1996)

Großartig!
Und blutig!

Titel Fargo
(Fargo)
Drehbuch Ethan Coen & Joel Coen
Regie Joel Coen + Ethan Coen, USA, UK 1996
Darsteller

Frances McDormand, William H. Macy, Steve Buscemi, Peter Stormare, Kristin Rudrüd, Harve Presnell, Tony Denman, Gary Houston, Sally Wingert, Kurt Schweickhardt, Larissa Kokernot, Melissa Peterman, Steve Reevis, Warren Keith, Steve Edelman, Sharon Anderson u.a.

Genre Drama, Crime
Filmlänge 98 Minuten
Deutschlandstart
14. November 1996
Inhalt

Jerry Lundegaard ist Autoverkäufer. Jerry Lundegaard steckt in finanziellen Nöten. Also lässt Jerry Lundegaard seine Frau von Gangstern entführen, um von Jerrys herrischem Schwiegervater ein Lösegeld in Höhe von 80.000 US-Dollar zu erpressen. Lundegaard stellt den beiden Kriminellen, dem schweigsamen Gaear Grimsrud und dem nervösen Schwätzer Carl Showalter, einen Neuwagen zur Verfügung und verspricht ihnen die Hälfte des Lösegeldes. 

Schon bei der ersten Verkehrskontrolle nach dem Treffen mit Lundegaard geht die Sache  schief. Nach einem erfolglosen Bestechungsversuch durch Showalter erschießt Grimsrud kaltblütig den Polizisten und, nach einer kurzen Verfolgungsjagd, zwei jugendliche Tatzeugen, die den Mord beobachtet hatten. Die hochschwangere Polizeichefin Marge Gunderson aus Brainerd nimmt am nächsten Morgen die Ermittlungen auf. Aus dem letzten Eintrag des ermordeten Polizisten ergibt sich eine erste Spur, die zu zwei Prostituierten führt, deren Dienste die Täter in Anspruch genommen hatten.

Der Schwiegervater hält Lundegaard für unfähig und will das Lösegeld selbst übergeben. Damit durchkreuzt er Lundegaards Plan, den beiden Entführern den Großteil des Lösegeldes vorzuenthalten. Denn seinem Schwiegervater hat Lundegaard, der als einziger Kontakt zu den Entführern hat, erklärt, diese verlangten eine Million Dollar. Auch provoziert er Showalter mit seinem fordernden Auftreten am Übergabeort. Es fallen Schüsse, nach denen der Schwiegervater tot ist. Showalter enteckt, dass die im Koffer mitgebrachte Summe eine ganze Million beträgt, versteckt den unerwarteten Mehrerlös vor seinem Komplizen in einer Schneewehe am Rand der Straße zum Ferienhaus.

Marge Gunderson hat mittlerweile die Spur der Mörder über deren Verbindung zu dem Mechaniker Proudfoot und über den benutzten Wagen zum Autohaus zurückverfolgt und fordert vom störrischen Lundegaard eine Inventur seines Fahrzeugbestands …

Was zu sagen wäre

Man mag es nicht glauben: „Dies ist eine wahre Geschichte. Die in diesem Film dargestellten Ereignisse beruhen auf einem Verbrechen, das im Jahr 1987 in Minnesota geschah. Auf Wunsch der Überlebenden wurden die Namen geändert. Aus Respekt vor den Toten wurde der Rest der Geschichte genau so erzählt, wie sie sich zugetragen hat.“ Es folgt eine Geschichte über Pechvögel, Verlierer und eine vorgetäuschte vorgetäuschte Entführung.

Ein Kriminalfall, der einen nochmal mit dem Begriff "Perfektes Verbrechen" in Kontakt bringt. Wir kennen diese Filme, in denen ein smarter Ehemann an das Geld seiner Frau kommen will und den perfekten Mord plant – es muss wie ein Unfall aussehen. Die Wirklichkeit ist wohl eine andere, eher eine wie in diesem Film: Nichts ist hier perfekt! Ein erfolgloser Autoverkäufer, verheiratet mit der Tochter eines sehr reichen Mannes, der ihn für einen Trottel hält, heuert zwei Bumsbirnen an, will sich finanziell unabhängig machen und reitet sich immer tiefer in den Morast. Wenn der Abspann läuft, sind sechs Menschen tot – erschossen oder in den Häxler gesteckt – und liegt ein Koffer mit 920.000 Dollar unentdeckt in einer Schneewehe. Und die ermittelnde Polizistin freut sich auf ihr Baby, das in wenigen Wochen zur Welt kommt. in diesem Abspann steht dann auch „Ähnlichkeiten mit lebenden oder toten Personen sind nicht beabsichtigt“. Hier geht ein an sich einfacher Coup höllisch schief, was Erinnerungen an Blood Simple weckt, den Debütfilm von Joel und Ethan Coen.

Die Coen-Brüder haben wieder einen Film gedreht und wieder mit den Möglichkeiten des Mediums gespielt. Der ermittelnde Chief ist eine hochschwangere Frau, noch dazu in einer harmonischen und liebevollen Ehe mit Mord verheiratet, der sich rührend um seine schwangere Frau kümmert – im Gegensatz zu den einsamen Wölfen mit gescheiterter Ehe, die in solchen Kriminalfällen sonst die Hauptrolle spielen. Frances McDormand als schwangerer Cop ist die liebenswerteste Interpretation einer Polizistenfigur seit langem. Marge Gunderson ermittelt ohne Getue, ohne herrische Befehle, in ihrer Polizistenwelt kommen alle gut miteinander klar. Das liegt vielleicht am heimlichen Hauptdarsteller. Diese Version eines Film Noir spielt im strahlenden Weiß einer ewigen Winterlandschaft. Es ist neblig, es ist kalt, matschig. Diese Eiswelt Minnesotas liefert frische Motive für ein, was die Figuren angeht, weiträumig auserwähltes Genre. Roger Deakins hinter der Kamera holt viel aus diesem Weiß heraus.

Noch einer sticht heraus: William H. Macy als erfolgloser Autoverkäufer mit Geldsorgen. Er kann einem nur leid tun, ist dabei grundsympathisch, nur halt höllisch dumm und unter der Fuchtel seines Schwiegervaters, der ihn verachtet. Einmal hat er einen Erfolg vor Augen, ein Geschäft, für das er von seinem Schwiegervater ein 750.000-Dollar-Darlehen erbittet, er wolle ja nur, sagt Jerry, dass es seiner Frau Jean, seinem Sohn Scotty und ihm gut gehe. Da raunt der Schwiegervater „Jean und Scotty wird es nie an was fehlen.“ Kurze Zeit später zockt er seinen Schwiegersohn ab und macht das lukrative Geschäft selbst. William H. Macy (Mr. Holland's Opus – 1995) steht seit rund 20 Jahren vor TV- und Filmkameras, meist mit nur wenigen Sätzen Dialog. Dieser Rolle soll er sich aufgedrängt haben, heißt es. Er soll die Coen-Brüder gedrängt haben, er sei die beste Besetzung für diese Rolle. Diese Leidenschaft sieht man Macy an, eine Oscar-Nominierung war die Folge <Nachtrag2008>sowie ein Jahrzehnt voller ausgeprägter Sandsack-Charaktere, charmante Verlierer, selbstbewusste Verlierer, verschüchterte Gewinner.</Nachtrag2008>.

Mit "Fargo" liefern die Brüder Joel & Ethan Coen einen modernen Heimatfilm mit blutigen sowie heißen Herzen, eine Huldigung an die Provinzialität. Lakonisch erzählt, von Liebe zu ihren Figuren durchdrungen, entspannt und irgendwie sogar menschenfreundlich.

Wertung: 11 von 11 D-Mark
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