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Kinoplakat: Election

Die Anti-These zu den
gängigen Teenie-Komödien

Titel Election
(Election)
Drehbuch Alexander Payne + Jim Taylor
nach einem Roman von Tom Perrotta
Regie Alexander Payne, USA 1999
Darsteller

Matthew Broderick, Reese Witherspoon, Chris Klein, Jessica Campbell, Mark Harelik, Phil Reeves, Molly Hagan, Delaney Driscoll, Colleen Camp, Frankie Ingrassia, Matt Malloy, Jeanine Jackson, Holmes Osborne, Loren Nelson, Emily Martin u.a.

Genre Komödie, Drama
Filmlänge 103 Minuten
Deutschlandstart
22.Juli 1999
Inhalt

Ehrgeizig, eifrig und unendlich einsam ist sie, die propere Schülerin Tracy Flick, die sich das Amt der Schulsprecherin an ihrer High School in Omaha, Nebraska in ihren perfekt frisierten Kopf gesetzt hat. Doch der allseits beliebte Lehrer Mr. McAllister bekommt angesichts von Tracys aufgesetzter Tugendhaftigkeit das kalte Grausen und mobilisiert einen Gegenkandidaten.

McAllister überredet Paul Metzler, Sohn aus der lokalen Zement-Dynastie und Football-Star, ebenfalls zu kandidieren. Tracy gefällt das gar nicht, aber als gute Demokratin nimmt sie den Gegenkandidaten als notweniges Übel hin. Dann gibt es plötzlich eine dritte Kandidatin. Metzlers Adoptivschwester Tammy ist lesbisch; ein Mädchen, in das Tammy verliebt ist, wird zu Pauls Freundin. Dies bewegt Tammy dazu, auch ihre Kandidatur anzumelden.

Von heute auf Morgen verschwinden Wahlplakate von den Schulwänden, spielen Hormone verrückt und verliebt sich Jim McAllister, glücklich verheiratet, in die geschiedene Frau eines Ex-Kollegen …

Was zu sagen wäre

Ethik ist das, was man nach Ansicht der Gesellschaft tun soll.“ „Moral ist eine Art Lektion. So, wie die Moral einer Geschichte. Das was man von einer Geschichte oder einer Fabel lernt.“ „Oder durch Lebenserfahrung.“, ergänzt Jim McAllister, der mit seinen Schülern gerade Ethik und Moral im Unterricht durchgeht. Und es sollte niemanden wundern, wenn es im Folgenden um Ethik und Moral geht, am Campus einer High School.

Eigentlich, sagt dieser berühmte lateinische Spruch, lernen wir ja an der Schule für das Leben. Aber hey, wenn Du nicht an der Schule auch schon was drauf hast, gehst Du drauf. Alexander Paynes Komödie ist an einer High-School angesiedelt. Und natürlich kommen auch blonde Schönheiten, kernige Football-Machos und Außenseiter vor. aber das war's auch: dies ist keine der gängigen Teenie-Klamotten. Alexander Payne hat eine Art Anti-These zu diesen Filmen gedreht. In Paynes Schule legen sich liebeskranke Teenager auf die Wiese und schauen sich das Elektrizitätswerk an: „Es heißt, wenn man sich zwischen die Hauptkabel legt, verdampft der Körper. Man wird zu Gas. Ich frage mich, wie sich das anfühlt.

Payne lässt jugendlichen Ehrgeiz hier und hormonelle Wallungen des zweiten Frühlings dort auf die Schule los. Lehrer McAllister hat mit seinen Zielen abgeschlossen. Er ist glücklich als Lehrer, glücklich verheiratet, mit seiner Frau arbeitet er daran, ein Kind zu bekommen, aber ob eins kommt oder nichts ist ihm eigentlich Wurst: er hat seine Kinder an der Schule, an der er seit zwölf Jahren unterrichtet, dreimal als Lehrer des Jahres ausgezeichnet wurde; aber jetzt in seinen 40ern ist. Und plötzlich ist er scharf auf Linda, Ex-Frau eines Ex-Kollegen. Das stellt nicht nur sein Privatleben auf den Kopf. Seine tanzenden Hormone erkennen in Tracy, der hoffnungsfrohen Schülersprecher-Kandidatin, ein Übel, das er gerne verhindert sähe.

Denn Tracy hat es faustdick hinter den Ohren. Brav wirkt sie in ihren Strickpullovern und Strumpfhosen und mit der strengen Kurzhaarfrisur. Aber im vergangenen Schuljahr hatte sie eine Affäre mit ihrem Mathelehrer, der dann von der Schule flog – eben jener Ex-Kollege, den dann seine Frau verlassen hat, in die sich nun McAllister verknallt hat. Tracy ist an ihrer Karriere interessiert und vertritt den calvinistischen Ansatz, es mit harter Arbeit schaffen zu wollen – und zu können. Wenn's nicht klappt, setzt sie ihr blondes Engelchen-Gesicht ein. Mit Schule und dem dort alltäglichen Chaos, das wir aus dem Kino so sattsam kennen, hat das alles nur am Rande zu tun. Payne hat ja auch keinen Film über die High School gemacht. Es ist ein Film über den menschlichen Ehrgeiz und den Selbstbetrug auf dem Weg zum Erfolg.

"Election" ist ein erfrischend unkonventioneller High-School-Film mit erfrischend anderem Personal. Zuallererst ist Mathew Broderick zu nennen, der plötzlich die Lehrerrolle hat, nicht mehr die des aufsässigen Schülers (Godzilla – 1998; Cable Guy – Die Nervensäge – 1996; "Freshman" – 1990; Family Business – 1989; Das Kuckucksei – 1988; Projekt X – 1987; Ferris macht blau – 1986; War Games: Kriegsspiele – 1983). Broderick gibt diesem Lehrer eine herrlich schwabblige Spießer-Aura, die sich mit einem Leben auf Vorabend-Niveau eingerichtet hat.

Als Tracy Flick, Einser-Schülerin und ambitionierte Zicke hat Reese Witherspoon den nächsten großen Auftritt (Eiskalte Engel  – 1999; Pleasantville – 1998; Im Zwielicht – 1998; "Fear – Wenn Liebe Angst macht" – 1996). Die 23-Jährige mit den blonden Haaren und den blauen Augen sieht aus wie das wandelnde Klischee. Aber wäre Witherspoon einfach blond, wäre sie nicht so gut. Als Tracy spielt sie gekonnt mit ihrem Klischee und wechselt mühelos zwischen Streberin, Verführerin, Zicke und eloquenter Gesprächspartnerin. Eigentlich ist sie eine unmoralische Person. Aber, wie hat sie zu Beginn in dieser Ethik-Moral-Diskussion gesagt: „Unter Ethik verstehen wir die Regeln, die zu einer bestimmten Zeit von einer Gesellschaft festgelegt wurden.“ Eben. Aber das war nicht ihre Zeit. Die fängt mit dem Abspann des Films gerade erst an.

Mit "Election" hat Alexander Payne eine doppelbödige Groteske inszeniert, die lange nachhallt.

Wertung: 8 von 11 D-Mark
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