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Plakatmotiv: Die Dämonischen (1956)
Großartiges
Horror-Kino
Titel Die Dämonischen
(Invasion of the Body Snatchers)
Drehbuch Daniel Mainwaring
nach dem Roman „Invasion of the Body Snatchers“ von Jack Finney
Regie Don Siegel, USA 1956
Darsteller Kevin McCarthy, Dana Wynter, Larry Gates, King Donovan, Carolyn Jones, Jean Willes, Ralph Dumke, Virginia Christine, Tom Fadden, Kenneth Patterson, Guy Way, Eileen Stevens, Beatrice Maude, Jean Andren, Bobby Clark u.a.
Genre Horror, Science Fiction
Filmlänge 80 Minuten
Deutschlandstart
24. Mai 1957
Inhalt

In der kleinen amerikanischen Provinzgemeinde Santa Mira gehen seltsame Dinge vor: Ehemals lebenslustige und engagierte Bürger verwandeln sich scheinbar über Nacht in seelenlose, gleichgültige Gestalten, deren Zahl von Tag zu Tag zunimmt.

Dr. Bennell, der die meisten Betroffenen aus seiner Arztpraxis kennt, geht den Vorgängen auf den Grund und stößt auf eine geheimnisvolle Pflanze, die sich menschlicher Wirtskörper bemächtigt, um unentdeckt die Macht zu übernehmen …

Was zu sagen wäre

Die Strecke vom heimischen Fernseher in mein Bett beträgt vielleicht sieben Meter. Durch die Wohnzimmertür in den Flur durch eine weitere Tür in mein Zimmer, wo ich mich gleich ins Bett unter die Decke fallen lassen kann. Ich habe „Die Dämonischen“ an einem späten Freitagabend im Sommer 1978 in der ZDF-Reihe Der Phantastische Film gesehen. Als er zu Ende war, hatte ich Angst, die ungeschützten sieben Meter zu meinem Bett zu gehen – ganz alleine. Zu sehr hatte mich das Schlussbild verstört.

Sagen Sie was Sie wollen, aber er ist nicht mein Onkel“, sagt Wilma. „Das ist nicht meine Mutter!“, kreischt der kleine Jimmy. Wie soll man erklären, was man nicht konkret benennen kann kann. Das ist der Grundhorror, den Don Siegel verbreitet. Seine Figuren müssen über Gefühle sprechen, also über etwas nicht Fassbares, nicht Katalogisierbares; in den Augen der Wissenschaft, die meist im rationalen, weißen Kittel des Akademikers daherkommt, haben diese Menschen, die ein Gefühl haben, dass etwas nicht stimmt, was menschlich-rational aber gar nicht sein kann, immer schon verloren. Sie sind damit eine glänzende Projektionsfläche des Zuschauers, dem es ähnlich geht, wenn er Gefühle benennen soll. Und eben jene Gefühle sterben rund um unsere Hauptfiguren ab, werden ersetzt durch seelenlose Wesen. Darin liegt von Beginn an die große Spannung, dass da etwas nicht stimmt und wir gleichzeitig ein komisches Gefühl verifizieren müssen, wohl wissend, dass wir selber ebenso skeptisch reagieren würden, wie der aufgeklärte Arzt.

Die übliche Sorgen, die unser Leben mit sich bringen“, sagt der Psychologe Dr. Kauffman. Diese Sorgen sind im Jahr 1956, in dem dieser Film entstand, die Angst vor der Roten Unterwanderung durch den Kommunismus, sowie die Überwachungspolitik während der McCarthy-Ära. „Es ist in den letzten Jahren so viel erfunden worden, dass alles möglich ist. Vielleicht erzeugt  … äh … atomare Bestrahlung der Pflanzen oder der tierischen Lebewesen eine organische Umwandlung. Einen Mutationsprozess.

Aber es ist nicht nur das. Nebenbei baut Don Siegel auch einen Arschtritt gegen den konservativen Geist der (ohnehin schon) sterbenden McCarthy-Ära in seinen Science-Fiction-Film: „Ich liebe Mary. Werden wir uns morgen auch noch lieben?“, fragt Dr. Miles Bennell angesichts seines baldigen Austauschs und der Alien schüttelt den Kopf. „Es gibt keine Liebe mehr.“ „Keine Empfindung? Ihr kennt keine Gefühle? Nur einen kalten Instinkt? Ihr könnt weder lieben noch geliebt werden?“ „Und das scheint Ihnen entsetzlich? Glauben Sie mir, das stimmt nicht. Sie haben doch schon öfter geliebt“, erinnert der Fremde den geschiedenen Arzt und seine geschiedene Freundin, „Wieviel Kummer und wieviel Sorgen hat Ihnen das gebracht? Liebe! Sehnsucht, Streben … Treue! Ohne das alles ist das Leben sehr viel einfacher.

Es gibt eine Szene, in der die Umgewandelten am zentralen Platz des Ortes zusammengerufen werden, wo ein Lautsprecher die Tagesbefehle ausgibt. So stellten sich die Menschen in den 50er Jahren den Sozialismus vor. Aber die bürokratischen und konformistischen Fünfziger Jahre waren ebenso vom Geiste des Büros für unamerikanische Umtriebe und Senator McCarthy beherrscht; auch die US-Gesellschaft wandte sich spießbürgerlichen Ansichten zu, die alles Fremde ablehnte und gegebenenfalls bekämpfte.

Siegel holt alles aus dem Spiel von Licht und (Schlag)schatten heraus, was geht. Seine Übertreibungen machen den Film umso unheimlicher. „Sie sind hinter us her! Ihr seid die nächsten!“ schreit Kevin McCarthy direkt in die Kamera. Ansonsten hält sich Siegel ganz im hier und jetzt auf – keine großartigen Effekte, nur ein paar große Schoten, aus denen es ein wenig schäumt und ein paar halbfertig hergestellte, noch glatte Menschenkörper. Der restliche Horror spielt sich im Kopf ab, weil wir nie genau erfahren, woher die Schoten kommen und wer schon alles übernommen wurde.

Das war für mich allein in der Wohnung, in einer späten Sommernacht 1978 ein bisschen viel. Großes Horrorkino.

Wertung: 7 von 7 D-Mark
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