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Plakatmotiv: Coogans großer Bluff (1968)
Culture Clash in New York. Der
Ost-West-Konflikt als Cop-Movie
Titel Coogans großer Bluff
(Coogan's Bluff)
Drehbuch Herman Miller + Dean Riesner + Howard Rodman
Regie Don Siegel, USA 1968
Darsteller Clint Eastwood, Lee J. Cobb, Susan Clark, Tisha Sterling, Don Stroud, Betty Field, Tom Tully, Melodie Johnson, James Edwards, Rudy Diaz, David Doyle, Louis Zorich, Meg Myles, Marjorie Bennett, Seymour Cassel u.a.
Genre Action
Filmlänge 93 Minuten
Deutschlandstart
17. Oktober 1968
Inhalt

Deputy-Sheriff Coogan ist in seinem Heimatstädtchen irgendwo in Arizona als harter Hund bekannt, der schon mal die regeln dehnt, wenn es der Festsetzung eines Schurken dient. Bei seinem Vorgesetzetn, Sheriff McCrea macht ihn das nicht sonderlich beliebt, dieser nimmt aber schulterzuckend zur Kenntnis, dass die Hartnäckigkeit seines Deputys dem Sheriffs-Department eine hohe Erfolgsquote zuweist.

Aber manchmal ist er ihn einfach leid. Dann schickt er ihn weit fort. Coogan bekommt von Sheriff McCrea den Auftrag, den flüchtigen Verbrecher James Ringerman von New York zurück in die Heimat zu bringen. Er ist befremdet über die Amoralität der Großstadt. Der Taxifahrer, der ihn vom Flughafen zur Polizei bringt, versucht ihn zu betrügen. Polizisten reden offen über Schmiergeldzahlungen, die Sozialarbeiterin Julie Roth muss sich im Polizeibüro von einem Kleindealer sexuell belästigen lassen, ohne dass dies jemanden bekümmert. Als er der Sozialarbeiterin auf seine Art hilft, indem er dem Dealer eine mächtige Ohrfeige gibt, wird er von ihr beschimpft.

Plakatmotiv: Coogans großer Bluff (1968)Folglich pfeift er auch auf die Anweisung des Polizeichefs, sich ein Hotelzimmer zu suchen, da Ringerman derzeit im Krankenhaus liegt und nur auf Anordnung des Arztes entlassen werden könnte. Mit einem Bluff holt er Ringerman, mit dem er die Stadt verlassen will, aus dem Krankenhaus. Doch am Flughafen wird Ringerman von dessen Partnerin Linny und einem Freund befreit.

Coogan kann mit Hilfe Julies, die auch Ringermans Partnerin in ihren Unterlagen führt, Informationen sammeln, die ihn auf die Spur des Verbrechers bringen …

Was zu sagen wäre

Hollywood und die Ostküste, von wo aus die Filmemacher einst der besseren Lichtverhältnisse wegen nach Westen aufbrachen, sind wie Yin und Yang, wie Schwarz und Weiß. Und so mag der Deputy Sheriff aus dem ländlichen (westlichen) Arizona in New York zwar dauernd auf die Nase fallen. Dass er am Ende aber seinen Häftling mit nach Hause nimmt, hat er seinem unerschütterlichen Glauben an Law and Order zu verdanken, der sich gegen die lethargische Bürokratie der Ostküsten-Metropole durchsetzt hat. So wie Lee J. Cobb dem Deputy dauernd erklärt, der könne den Häftling mitnehmen, wenn zuvor der Staatsanwalt und dann der Oberste Richter ihre jeweilige Zustimmung per Unterschrift gegeben hätten, und dabei sein schicksalsergebenes Lee-J.-Cobb-Bulldoggen-Gesicht aufsetzt, heißt das in der Bildsprache Don Siegels: Die Ostküste bürokratisiert sich zu Tode. Gleichzeitig merkt Deputy Coogan schmunzelnd an, sein Boss hasse ihn zwar, dies aber nicht wegen Coogans dauernden Renegatentums und seiner Subordinationen, sondern weil er in Coogan – wahrscheinlich wegen seiner dadurch erzielten Erfolge – seinen Nachfolger sehe.

Plakatmotiv (US): Coogan's Bluff (1968)Westliches Law and Order siegt über östliche Bürokratie – da schimmert auf der Meta-Ebene nicht nur der globale West-Ost-Konfllikt durch, sind doch auch die kommunistischen Staaten für ihre Fünf-Jahres-Pläne berüchtigt; da leuchtet auch die ewige Saga der Pioniere, die vor der erstarrten Welt des Ostens Richtung Westen in die Freihheit aufbrachen und diese mit harter Hand zu verteidigen bereit waren. Das geht natürlich nur solange gut, bis die Flucht nach Westen irgendwann da ankommt, wo sie begann – oder wo ein großes Meer (wie zum Beispiel der Pazifik) sie stoppt. Und wo der bürokratische Osten den freiheitsliebenden Westen dann einholt und zivilisiert. Dann muss der Westen zurückschlagen. Das tut er mit der Waffe, die er entwickelt hat: Film.

Das Kino schickt den Prototypen des Westens, den Deputy zurück in den Osten, um den Bürokraten zu zeigen, wo der Hammer hängt. Das ist das Prinzip Culture Clash, Fish out of Water. Das Landei in der großen Stadt erinnert an erfolgreiche Vorbilder wie „Mr. Smith goes to Town“ oder Mr. Smith goes to Washington – wo sich dann jeweils herausstellt, dass der vermeintliche Kleinstadt-Tölpel der moralisch integerere ist. „The Man with no Fear“, tönt das US-Filmplakat, „takes on a Killer with no Pity. In a City with no Heart“.

Don Siegel variiert also eines der ältesten amerikanischen Themen an: Junger Mann vom Lande kommt in eine Großstadt, wo er mit Korruption konfrontiert wird. Solche Filme schüttelt Siegel nachgerade aus dem Ärmel, ist er doch selber ein Vertreter des Einsamer-Wolf-Mannes („Nur noch 72 Stunden“ – 1968; „Der Tod eines Killers“ – 1964; Die Dämonischen – 1956). Siegel arbeitet als Regisseur schnell, effizient mit bis zu (unglaublichen) 55 Kamerapositionen am Tag, niemand redete ihm in seine Arbeit hinein, was ihm im Business auch nur wenige Freunde einbrachte. Jack Warner zum Beispiel, in dessen Warner-Studios Siegel lange unter Vertrag gestanden hatte, mochte den Individualisten nicht, obwohl der ihm mit seiner Art Filme zu drehen half, viel Geld zu sparen. Für Filme wie „Coogan's Bluff“ ist Siegel bekannt, seine klare, Testosteron geprägte Regie unterstützt die lakonische, schlitzäugige Art von Clint Eastwood. Und der Score des Jazzmusikers Lalo Schifrin treibt die mit Understatement und trockenem Humor erzählte Humoreske durch den Großstadtsumpf, deren Showdown dann treffenderweise in The Cloisters stattfinder, einer Außenstelle des Metropolitan Museum of Art. Klar: Wenn es einen Sheriff nach New York verschlägt, muss er neben alls dem Schmutz auch irgendwie mit der Kunst in Berührung kommen – wenn auch nur in Form deren Behausung.

Wertung: 6 von 8 D-Mark
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