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Kinoplakat: Die letzte Festung

Ein guter Redford. Ein guter Gandolfini.
Ein bisschen viel militärisches Geklingel.

Titel Die letzte Festung
(The last Castle)
Drehbuch David Scarpa + Graham Yost
Regie Rod Lurie, USA 2001
Darsteller Robert Redford, James Gandolfini, Mark Ruffalo, Steve Burton, Delroy Lindo, Paul Calderon, Sam Ball, Jeremy Childs, Clifton Collins Jr., George W. Scott, Brian Goodman, Michael Irby, Frank Military, Maurice Bullard, Nick Kokich, Robin Wright u.a.
Genre Drama, Action
Filmlänge 131 Minuten
Deutschlandstart
29. November 2001
Inhalt

Drei-Sterne-General Irwin wird in ein Hochsicherheitsgefängnis gesteckt. Dort angekommen, genießt er zunächst die Achtung und den Respekt des brutalen Gefängnisdirektors.

Die Häftlinge allerdings beschweren sich bei Irwin über die schikanösen und teilweise sadistischen Methoden des Kommandanten, gegen den bereits dreimal ermittelt wurde. Sie hoffen darauf, dass Irwin seine Beziehungen in Washington nutzt. Irwin lehnt das ab, glyubt, die Mithäftlinge würden übertreiben.

Da wird ein Häftling von einem Wachmann mit einem direkt auf den Kopf gezielten Gummigeschoss vorsätzlich getötet. Irwin lässt die Gefangenen salutieren und verabschiedet den toten Marine mit gebührender Ehre. Winter geht – durchaus nicht zu Unrecht – davon aus, dass bald ein Aufstand beginnen wird, und lässt Irwin bespitzeln.

Irwin aber ist nicht zufällig ein – eigentlich – gefeierter General. Er durchschaut den Spitzel sofort und zieht ihn auf seine Seite. Der umgedrehte Spion berichtet Winter, Irwin plane, die Haftanstalt in seine Gewalt zu bringen und die US-Flagge mit dem Sternenfeld nach unten zu hissen.

Irwin führt die Revolte gegen Winter an. Die Wachtürme werden zerstört, aber bewaffnete Wächter besetzen die Dächer der Gebäude. Sie verfügen über Waffen und halten die im Hof versammelten Inhaftierten in Schach. Irwin beginnt, die Fahne der USA zu hissen …

Was zu sagen wäre

So ein Colonel, der ein Army-Gefängnis leitet, kann ganz schön schnell beleidigt sein. Eben noch will er vom inhaftierten Ex-General eine Widmung in dessen Buch über die Einsamkeit in der militärischen Führung, da macht eben dieser Ex-General deutlich, was er von Leuten hält, die Militaria sammeln – irgendwie hält er sich nicht für echte Offiziere, wenn die nie im Feld gedient haben – schon will der Knast-Colonel die Widmung nicht mehr haben; als ob das kein „Feld“ wäre, so ein Gefängnis voller Ex-Marines und anderer Soldaten.

„Die letzte Festung“ ist eine Art Brubaker reloaded: Schon damals hat sich Robert Redford (s.u.) mit den Praktiken in amerikanischen Gefängnissen auseinandergesetzt. In Brubaker mischte er sich 1980 als neuer Gefängnisdirektor unerkannt unter seine Gefangenen; auch in der Romanze Aus nächster Nähe wurde ein Gefangenenaufstand eingebaut, der unwürdige Haftbedingungen anprangern sollte. Dieser Film nun kommt nicht über das Maß des durchschnittlichen Gefängnisfilms hinaus und das hat auch damit zu tun, dass man meint, das alles schon in Brubaker gesehen zu haben. Die Antagonisten Robert Redford und James Gandolfini liefern gute Arbeit ab, wobei Gandolfinis beleidigte Bösartigkeit Redfords edle Gesichtszüge in den Schatten stellt – bei diesem etwas hölzernen Film beweist sich die alte Erkenntnis, dass Schurken die dankbareren Rollen sind.

Aber der Film lässt es ja nicht beim Knast-Genre, er thematisiert ja vor allem die Army, den Krieg und Befehl-&-Gehorsam – und da reißt er im letzten Drittel mit dem Hintern ein, was er zuvor so kunstvoll mit Charakteren aufgebaut hat. Der inhaftierte Ex-General Irwin hat sich im Bosnien-Krieg eine Freiheit erlaubt – eine Befehlsverweigerung, die in einer Heldentat enden sollte, tatsächlich aber mit acht toten Männern endete. Der General hat sich sofort schuldig bekannt und will „einfach die zehn Jahre absitzen“ und dann hoffen, mit seinem Enkel auf der Veranda schaukeln zu dürfen. Bei sowas dreht das US-Kino regelmäßig doll. Irwin sitzt also nun in einer Haftanstalt, die Colonel Winter alias James Gandolfini befehligt. Dieser Winter respektiert Irwin. Beim ersten Treffen zeigt er ihm noch stolz seine Sammlung verschiedener Militaria-Relikte und muss also erleben, dass der angehimmelte General diese Art Sammlung gering schätzt. Für den Ex-General Auftakt für eine üble Zeit im Knast.

Da hat jetzt Robin Wright ihren Zauberauftritt; sie wird in den Credits nicht genannt (was einem Ritterschlag als Cameo gleich kommt), spielt auch nur drei Minuten und gibt die entfremdete Tochter des frisch Inhaftierten und diesem in dieser ansonsten rein von Männern geprägten Nummer die benötigte weiche Seite.

Und weil dieser General eigentlich einer ist, „nach dem sie einen Stützpunkt benennen sollten“, hat er auch noch viele respektable Freunde außerhalb dieser Gefängniswelt und also wendet sich das Blatt alsbald zugunsten der unterdrückten Inhaftierten. James Gandolfini wird von Einstellung zu Einstellung feister und in seiner Grausamkeit blöder, Robert Redford von Minute zu Minute mehr der allseits respektierte Ex-Leader, der die unterschiedlichsten Charaktere unter seinem unumstrittenen Kommando vereint.

Menschlichkeit, Gerechtigkeit, Soldatenehre, Heldentod – das ist hier alles eins und schwer zu ertragen. Schon deswegen, weil ich mich dabei ertappe, dass ich – trotz blasender Fanfaren – mitfiebere; aber als Redford am Ende, sterbend, die Flagge hisst, und zwar nicht, wie eigentlich abgesprochen, falsch herum als Zeichen „Festung in Not“, sondern richtig herum, weil die einst straffällig gewordenen Inhaftierten die staatlich besoldeten Übelschurken nieder gerungen haben und also das Gelände  – an Nationen-statt – gerettet haben, da ist es dann doch des Pathos zuviel – für mich Europäer.

Ich kann und will dem Film aber seine amerikanische Herkunft nicht vorwerfen – schon gar nicht, und da verlasse ich die Filmkritik und werde politisch, sechs Wochen nach den Anschlägen vom 11. September 2001. In den USA kam der Film, der Situation entsprechend umgeschnitten (s.u.), am 19. Oktober 2001 ins Kino.

Wertung: 3 von 6 €uro
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