Buchcover: Jeffery Deaver – Der letzte Tanz
Gute Figuren, knackige
Wendungen, irre spannend
Titel Letzter Tanz
(The Coffin Dancer)
Autor Jeffery Deaver, USA 1998
aus dem Englischen von Thomas Müller und Carmen Jakobs
Verlag Goldmann
Ausgabe Taschenbuch, 447 Seiten
Genre Thriller
Website jeffery-deaver.de/
Inhalt

Ein kaltblütiger Mörder hält Detective Lincoln Rhyme und seine Assistentin Amelia Sachs auf Trab. Der „Totentänzer“, ein erfahrener Auftragskiller, ist an Gerissenheit und Schnelligkeit kaum zu überbieten. Der Mörder trägt ein Tatoo: der Sensenmann im Tanz mit einer schönen Frau auf dem Sarg. Rhyme ist überzeugt davon, den Killer zu kennen, und die Erinnerung lässt bittere Gefühle in ihm aufsteigen.

Dann schlägt der Mörder wieder zu. Rhyme erkennt seine Handschrift. Zu lange hat er – vom Hals abwärts gelähmt – in seiner Bewegungslosigkeit darauf gewartet, dass er den Tänzer zur Strecke bringt. Ziel des Tänzers sind die Inhaber einer kleinen Fluggesellschaft, die durch dummen Zufall Zeuge wurden, wie ein ebenso zwielichtiger wie mächtiger New Yorker Geschäftsmann Beweismittel gegen sich verschwinden lässt.

Der erste der Inhaber ist schnell erledigt. Rhyme, das FBI und das New Yorker SEK setzen nun alles dran, die Frau des Toten und den dritten Kompagnon zu schützen. In 48 Stunden sollen sie vor der Grand Jury gegen den ebenso zwielichtigen wie mächtigen New Yorker Geschäftsmann aussagen.

48 Stunden sind eine lange Zeit. Und der Tänzer zieht seine Kreise schon viel enger, als Rhyme und seine Leute glauben …

Was zu sagen wäre
Letzter Tanz

Jeffery Deaver liebt den kurzen Satz. Subjekt, Prädikat Objekt und, weil's Literatur ist und nicht „Bild-Zeitung“, noch einen Nebensatz. Die Sprache ist klar, ich konnte aus dem Buch prima vista laut rezitieren. Szenische Lücken gibt es keine und von der Spannung, die darin steckt, dass unablässig mindestens zwei Personen in Lebensgefahr schweben, mal abgesehen, halten die Figuren untereinander soviel Spannung in ihren jeweiligen Verhältnissen zueinander, dass den Roman aus der Hand zu legen, sehr schwer fällt. Allein schon Rhyme und Sachs bei ihren Spielchen zu beobachten, saugt mich in die Story.

Amelia Sachs, die Assistentin, ist mit ihrer Model-Vergangenheit und dem Traum-Aussehen eine ebensolche überzeichnete Kunstfigur, wie ihr gelähmter Chef, der klüger ist, als FBI, CIA und Sherlock Holmes zusammen. Aber das macht ja nichts. Und bei näherem Hinsehen ist es naheliegend, mal eine Figur zu ersinnen, die so brillant ist, dass ihr buchstäblich nicht mehr bleibt, als nur der Kopf. Solch eine Figur alleine, umgeben von kernigen, vierschrötigen US-Bullen, wäre halb so interessant – wäre nicht sexy. Und das hatten wir ja auch schon mit Raymond Burr als gelähmten Chief Ironside in der TV-Serie „Der Chef“ (1967 – 1975). Und da kam Jefferey Deaver dann wahrscheinlich Amelia Sachs in den Sinn, deren Nachname ja nicht von ungefähr so klingt, wie sie offenbar aussieht.

Auf den letzten hundert Seiten hat die Story so viele überraschende Wendungen, dass selbst der Klappentext nicht umhin kam, eine – aber nur eine ganz kleine – zu verraten. Bei einigen dieser Wendungen denkt man dann „Siehste, ich hatte die ganze Zeit so ein Gefühl, dass …“ Aber während Superman Rhyme aus so einem Gefühl dann eine Spur herleitet und den nächsten Mord verhindert, lesen wir mit diesem Gefühl einfach weiter, weil die Spannung größer ist als das Gefühl und freuen uns am Ende, was wir für einen sauguten Thriller gelesen … weggeatmet haben.

Aus der Inspector-Rhyme-Serie hat Regisseur Phillip Noyce den ersten Thriller „Die Assistentin“ mit Denzel Washington und Angelina Jolie als „Der Knochenjäger“ (1999) verfilmt. Ein Kollege hat mir den „Letzten Tanz“ in die Hand gedrückt, dessen Originaltitel, „The Coffin Dancer“, sich offenbar auf das Tatoo bezieht, dass der Killer am Oberarm trägt. Das vorliegende Buch ist das dritte oder sogar vierte aus der Rhyme-Sachs-Serie. Daher gilt das, was ich über die interessanten Figuren sage, wahrscheinlich genauso und eher für den ersten aus der Reihe, eben besagten „Die Assistentin“.

Ich habe am 19. Oktober 2005 angefangen zu lesen und war fünf Tage später durch.