In der verschlafenen Kleinstadt Big Whiskey wird eine Prostituierte von ihrem Freier, einem Cowboy, zusammengeschlagen und durch Messerschnitte im Gesicht verletzt, weil sie ihn verspottet hat. Der Sheriff sieht gegen Bezahlung einer hohen Buße von einer Anklage ab. Den Prostituierten genügt das nicht; sie verbreiten das Gerücht, dem Opfer seien die Ohren abgeschnitten und die Augen ausgestochen worden und versprechen demjenigen 1.000 Dollar, der die Täter tötet. In die einsetzende Jagd auf die beiden Viehtreiber wird auch der alternde und desillusionierte Revolverheld William Munny hineingezogen.
Munny hat seinem kriminellen Leben abgeschworen, ist braver Ehemann, Vater und Schweinezüchter geworden, bleibt jedoch glücklos: Seine Frau stirbt im Alter von nur 29 Jahren, seine Farm wird von der Schweinepest heimgesucht und droht, ihn in den finanziellen Ruin zu treiben. So beschließt Munny (obwohl seine Schießkünste inzwischen stark nachgelassen haben und er nur noch mit großen Schwierigkeiten in den Sattel kommt) Haus, Hof und seine zwei Kinder für 14 Tage zu verlassen, um sich zusammen mit seinem ebenfalls frustrierten ehemaligen Partner Ned Logan und einem jungen, kurzsichtigen Möchtegern-Revolverhelden, der sich Schofield Kid nennt, auf die Suche nach den beiden Viehtreibern zu machen und die 1.000 Dollar Kopfgeld zu kassieren.
Kaum in Big Whiskey angekommen, wird der inzwischen an Fieber erkrankte und geschwächte Munny von Sheriff „Little Bill“ Daggett, der ebenfalls einst ein Revolverheld war und jetzt als Ordnungsfanatiker die Rachemorde verhindern und zugleich seine Macht über die kleine Stadt bewahren will, halb totgeprügelt und aus der Stadt gejagt. Nachdem Munny sich erholt hat, spüren er und seine beiden Begleiter die gesuchten Cowboys auf. Munny, nicht mehr so treffsicher wie früher, verpasst einem von ihnen aus dem Hinterhalt einen Bauchschuss, an dem dieser qualvoll stirbt. Dabei erkennt Logan, dass das Leben eines Revolverhelden für ihn endgültig vorüber ist. Er verlässt die Gruppe und reitet heimwärts. Unterwegs wird er jedoch von Daggetts Leuten aufgegriffen und nach Big Whiskey gebracht, wo ihn der Sheriff, um herauszufinden, wer und wo seine Partner sind, so lange foltert, bis Logan seinen Verletzungen erliegt. Seine Leiche wird von Little Bill auf offener Straße vor dem Saloon als abschreckendes Beispiel zur Schau gestellt.
Kid hat inzwischen mit Munnys Hilfe auch den zweiten Cowboy aufgespürt und erschossen: keine Heldentat, denn dieser saß gerade wehrlos auf der Toilette, als ihn der Tod überraschte. Als Munny bei der Aushändigung der versprochenen Belohnung durch eine der Prostituierten von Logans Tod erfährt, greift er zur Flasche, verwandelt sich wieder in den alten Säufer und Revolverhelden und reitet in die Stadt zurück, um Rache für den Tod seines Freundes zu nehmen …
Menschen zu töten ist ein dreckiger Job, ein Scheißjob manchmal. Wenn Du Deinen ersten umlegst und der sitzt gerade wehr- und würdelos auf dem Klo, hat das nichts johnwaynehaftes. Und meistens sind die Leute ja auch gar nicht sofort tot, wie das der Western der 50er Jahre immer darstellt. Meistens jammern die im Bauch Getroffenen noch minutenlang über Schmerzen, dass ihnen so kalt sei und dass sie doch so Durst hätten. Nein, Leute zu erschießen hat gar nichts heldenhaftes; die Heldengeschichten haben ihm die Filme und Romane angedichtet. Und Clint Eastwood hat den Spieß nun einfach mal umgedreht und zeigt, wie es viel häufiger war.
Dazu hebt er die Figur des English Bob auf die Bühne, die der wundervolle Richard Harris als eitlen, selbstgefälliger Pistolenheld mit gepflegter Blondhaar-Tolle spielt, der sich, ganz Engländer, über den Präsidenten lustig macht – „Warum sollte man einen Präsidenten nicht erschießen? Eine Königin dagegen, da hat man eine gewisse Ehrfurcht.“ – und mit eigenem Dichter durchs Land reist, gegen Geld Leute abknallt und das vom Dichter dann in schöne Texte malen lässt. Es stellt sich dann heraus, dass eine dieser besungenen Heldentaten – English Bob tötet einen Doppelpistolero, der eine Frau bedrängt – labbriger Mord war an einem sehr potenten Mann, der Bob die Frau streitig gemacht hatte und dem beim Schießen die Pistole in der Hand explodierte, „das passierte bei diesem Modell recht häufig“. Bob knallte den längst Wehrlosen dann ab.
Und William Munny, der ehemalige Menschenschlächter und geläuterte Witwer und Alleinerzieher zweier Kinder? Der trifft auch die Büchse in zehn Meter Entfernung nicht mehr und kommt nicht aufs Pferd. Clint Eastwood, der große Mann des schweigenden Lonesome Cowboy, spielt diesen William Munny als überlebt habendes Wrack, den nur seine zwei Kinder auf den Beinen halten und der, wenn ihm die Schweine nicht am Fieber wegsterben von diesen durch den Dreck gezogen werden. Sollte sich je jemand gefragt haben, was John Waynes Cole Thornton zehn Jahre nach dem El Dorado-Zwischenfall gemacht hat – vielleicht haben ihn Schweine durch den Dreck gezogen.
Dann ist da Gene Hackman (Das Gesetz der Macht – 1991; Narrow Margin – 12 Stunden Angst – 1990; Mississippi Burning – 1988; No Way Out – 1987; Die verwegenen Sieben – 1983; Superman – 1978; French Connection II – 1975; Frankenstein Junior – 1974; "Der Dialog" – 1974; Die Höllenfahrt der Poseidon – 1972; French Connection – Brennpunkt Brooklyn – 1971; Leise weht der Wind des Todes – 1971). Im Grunde die tragischste Figur im Reigen der alten Männer. Als ehemaliger Revolvermann hat er sich als Sheriff niedergelassen und bekommt es nun mit all den Typen zu tun, die die 1.000 Dollar der Huren kassieren wollen. Darin, die zu vertreiben, ist er ganz gut. Knallhart zu sein, das hat er Jahre lang üben können als Revolvermann. aber sesshaft zu sein, ein Haus zu bauen, eine Frau zu finden, das ist ihm nicht gelungen. Seine Deputys machen sich lustig über seine Versuche, ein Haus zu bauen. Sein Haus habe nicht mal einen rechten Winkel, lästern sie, es regne durchs Dach. Der alte Sheriff ist mit dem Leben im Frieden genauso überfordert wie der Schweinebauer Munny. Und Hackman schafft es, diesem Machtmenschen in all seiner Brutalität die Verzweiflung des überlebenden Verlierers mitzugeben.
Eastwood dekonstruiert die Mythen des Wilden Westens und kennt keine Rücksicht. Er erzählt keine große Geschichte über How the West was won. Es sind einfach nur Huren, die Rache wollen, die die ganze Geschichte auslösen, weil ihre Geschäftsgrundlage zerstört worden ist – und dies auch nicht von elegant schwarz gekleideten Lee-van-Cleef-Typen, sondern einfach von ein paar schwobbeligen, naiven Cowboys; nicht, dass man es gut heißen köönte, dass da ein Kerl einer Nutte das Gesicht zerschlitzt warum auch immer, aber der eine wollte ihr anderntags sogar sein wertvollstes Pferd schenken. Das mag plump und geschmacklos sein, aber Cowboys im ausgehenden 19. Jahrhundert hatten selten eine Benimmschule besucht. Kurz: Es sind im Grunde harmlose Jungs, die zwei oder fünf Jahre wegen schwerer Körperverletzung ins Gefängnis gehören, aber nicht erschossen von versoffenen Schweinebauern.
So, wie die meisten Legenden des Westens offenbar gelogen sind. Eastwood schafft's nicht mehr aufs Pferd und Kopfgeldjäger jagen Nuttenprämien hinterher – und wer John-Wayne-artige Profis erwartet, hat sich geschnitten; ein Prämienjäger ist fast blind, einer mehr eitel als treffsicher, zwei sind zu alt für diesen Job. Es sind nur die alten Männer noch übrig, die ihren eigenen Mythos überlebt haben. Und wofür? Schweinepest? Und dazu entlarven sich die Legenden der edlen Revolvermänner als journalistisch überhöhte Lügengeschichten. „Ich erinnere mich nicht. Ich war meistens betrunken“, sagt Munny über früher. Es ist ein schmutziges Leben. In jeder Hinsicht.
Im Abspann sieht man eine kleine Widmung an „Dedicated to Sergio and Don“; Sergio Leone und Don Siegel, Eastwoods verstorbene Mentoren am Beginn seiner Karriere als Regisseur.
Der Film wurde mit vier Oscars für den besten Film, die Regie (Clint Eastwood), die Nebenrolle (Gene Hackman) und den Schnitt (Joel Cox) ausgezeichnet. Nominiert war er außerdem in den Kategorien Hauptrolle, Kamera, Ausstattung, Original-Drehbuch und für den Ton.
Das American Film Institute sieht Erbarmungslos als einen der 100 besten amerikanischen Filme (Platz 68). 2004 wurde er ins National Film Registry der Library of Congress aufgenommen. Weiterhin erreichte der Film Platz vier bei der Wahl des American Film Institute zu den zehn besten Western aller Zeiten.
Die Filmbewertungsstelle Wiesbaden verlieh das Prädikat wertvoll.
Die Kinofilme mit Clint Eastwood
Clinton Eastwood Jr. (* 31. Mai 1930 in San Francisco, Kalifornien) ist ein US-amerikanischer Filmschauspieler, Regisseur, Produzent, Komponist und Politiker.
Als wortkarger Western- und Actionheld avancierte er ab den 1960er Jahren zu einem weltweit erfolgreichen Star. Mittlerweile ist er auch ein renommierter Filmregisseur und -produzent. Mitunter, vornehmlich für seine eigenen Filme, komponiert er auch Filmmusik.
Von 1986 bis 1988 war er Bürgermeister der kalifornischen Kleinstadt Carmel.
Der Schauspieler
- Die Rache des Ungeheuers (Revenge of the Creature, 1955)
- Tarantula (1955)
- Francis in the Navy (1955)
- Die nackte Geisel (Lady Godiva, 1955)
- Nur Du allein (Never Say Goodbye, 1956)
- Noch heute sollst Du hängen (Star in the Dust, 1956)
- The First Traveling Saleslady (1956)
- Klar Schiff zum Gefecht (Away All Boats, 1956)
- Verschollen in Japan (Escapade in Japan, 1957)
- Ambush at Cimarron Pass (1958)
- Lafayette Escadrille (1958)
- Für eine Handvoll Dollar (Per un pugno di dollari, 1964)
- Für ein paar Dollar mehr (Per qualche dollaro in più, 1965)
- Zwei glorreiche Halunken (Il Buono, il brutto, il cattivo, 1966)
- Agenten sterben einsam (Where Eagles Dare, 1968)
- Coogans großer Bluff (Coogan’s Bluff, 1968)
- Hängt ihn höher (Hang ’Em High, 1968)
- Westwärts zieht der Wind (Paint Your Wagon, 1969)
- Ein Fressen für die Geier (Two Mules for Sister Sara, 1970)
- Stoßtrupp Gold (Kelly’s Heroes, 1970)
- Betrogen (The Beguiled, 1970)
- Sadistico (Play Misty for Me, 1971)
- Dirty Harry (1971)
- Sinola (Joe Kidd, 1972)
- Ein Fremder ohne Namen (High Plains Drifter, 1973)
- Dirty Harry II – Callahan (Magnum Force, 1973)
- Die Letzten beißen die Hunde (Thunderbolt and Lightfoot, 1974)
- Im Auftrag des Drachen (1975)
- Der Texaner (The Outlaw Josey Wales, 1976)
- Dirty Harry III – Der Unerbittliche (The Enforcer, 1976)
- Der Mann, der niemals aufgibt (The Gauntlet, 1977)
- Der Mann aus San Fernando (Every Which Way But Loose, 1978)
- Flucht von Alcatraz (Escape from Alcatraz, 1979)
- Bronco Billy (1980)
- Mit Vollgas nach San Fernando (Any Which Way You Can, 1980)
- Firefox (1982)
- Honkytonk Man (1982)
- Dirty Harry kommt zurück (Sudden Impact, 1983)
- Der Wolf hetzt die Meute (Tightrope, 1984)
- City Heat – Der Bulle und der Schnüffler (City Heat, 1984)
- Pale Rider – Der namenlose Reiter (Pale Rider, 1985)
- Heartbreak Ridge (1986)
- Das Todesspiel (The Dead Pool, 1988)
- Pink Cadillac (1989)
- Weißer Jäger, schwarzes Herz (White Hunter Black Heart, 1990)
- Rookie – Der Anfänger (The Rookie, 1990)
- Erbarmungslos (Unforgiven, 1992)
- In the Line of Fire – Die zweite Chance (In the Line of Fire, 1993)
- Perfect World (A Perfect World, 1993)
- Die Brücken am Fluss (The Bridges of Madison County, 1995)
- Absolute Power (1997)
- Ein wahres Verbrechen (True Crime, 1999)
- Space Cowboys (2000)
- Blood Work (2002)
- Million Dollar Baby (2004)
- Gran Torino (2008)
- Back in the Game (Trouble with the Curve, 2012)
- The Mule (2018)
- Cry Macho (2021)
Der Regisseur
- Sadistico (Play Misty for Me, 1971)
- Ein Fremder ohne Namen (High Plains Drifter, 1973)
- Begegnung am Vormittag (Breezy, 1973)
- Im Auftrag des Drachen (1975)
- Der Texaner (The Outlaw Josey Wales, 1976)
- Der Mann, der niemals aufgibt (The Gauntlet, 1977)
- Bronco Billy, 1980)
- Firefox (1982)
- Honkytonk Man (1982)
- Dirty Harry kommt zurück (Sudden Impact, 1983)
- Pale Rider – Der namenlose Reiter (Pale Rider, 1985)
- Heartbreak Ridge (1986)
- Bird (1988)
- Weißer Jäger, schwarzes Herz (White Hunter Black Heart, 1990)
- Rookie – Der Anfänger (The Rookie, 1990)
- Erbarmungslos (Unforgiven, 1992)
- Perfect World (A Perfect World, 1993)
- Die Brücken am Fluss (The Bridges of Madison County, 1995)
- Absolute Power (1997)
- Mitternacht im Garten von Gut und Böse (Midnight in the Garden of Good and Evil, 1997)
- Ein wahres Verbrechen (True Crime, 1999)
- Space Cowboys (2000)
- Blood Work (2002)
- Mystic River (2003)
- Million Dollar Baby (2004)
- Flags of Our Fathers (2006)
- Letters from Iwo Jima (2006)
- Der fremde Sohn (Changeling, 2008)
- Gran Torino (2008)
- Invictus – Unbezwungen (Invictus, 2009)
- Hereafter – Das Leben danach (Hereafter, 2010)
- J.Edgar (2011)
- Jersey Boys (2014)
- American Sniper (2014)
- Sully (2016)
- The 15:17 to Paris (2018)
- The Mule (2018)
Der Fall Richard Jewell (2019) - Cry Macho (2021)
Juror #2 (2024)