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Plakatmotiv: Boulevard der Dämmerung (1950)

Die Stadt der Träume
wird zum Albtraum

Titel Boulevard der Dämmerung
(Sunset Boulevard)
Drehbuch Charles Brackett & Billy Wilder & D.M. Marshman Jr.
Regie Billy Wilder, USA 1950
Darsteller

William Holden, Gloria Swanson, Erich von Stroheim, Nancy Olson, Fred Clark, Lloyd Gough, Jack Webb, Franklyn Farnum, Larry J. Blake, Charles Dayton, Cecil B. DeMille, Hedda Hopper, Buster Keaton, Anna Q. Nilsson, H.B. Warner, Ray Evans, Jay Livingston, Fred Aldrich, Joel Allen, Gertrude Astor, Anne Bauchens, Edward Biby, Danny Borzage, Ken Christy, Ruth Clifford, John Cortay, Archie R. Dalzell, Eddie Dew, Peter Drynan, Julia Faye, Al Ferguson, Gerry Ganzer u.a.

Genre Drama, Film Noir
Filmlänge 110 Minuten
Deutschlandstart
7. April 1951
Inhalt

Joe Gillis liegt tot in einem Swimmingpool. Die Polizei, die Presse und das Fernsehen sind unterwegs zum Ort des Geschehens. Gillis erzählt aus dem Jenseits, wie es dazu kam.

Gillis, Drehbuchautor von einigen B-Movies in Hollywood, ist völlig mittellos. Niemand will seine Drehbücher annehmen. Deshalb spielt Gillis mit dem Gedanken, seine frühere Arbeit als Journalist in der Provinz wieder aufzunehmen. Auf der Flucht vor seinen Gläubigern gerät Gillis zufällig auf das Anwesen der Stummfilm-Diva Norma Desmond. Isoliert und vergessen von der Außenwelt lebt diese mit ihrem Butler Max von Mayerling in der heruntergekommenen, aber immer noch prunkvollen Villa. Norma glaubt zunächst, Gillis sei gekommen, um ihren kürzlich verstorbenen Schimpansen zu bestatten.

Als Norma erfährt, dass Gillis Drehbuchautor ist, fordert sie ihn auf, das von ihr geschriebene Drehbuch zur Geschichte der Salome zu bearbeiten. Sie ist davon überzeugt, dass Cecil B. DeMille es mit ihr in der Titelrolle verfilmen wird und dies ihre großartige Rückkehr auf die Leinwand sein wird. Bestärkt wird diese Überzeugung auch dadurch, dass Max Anrufe der Paramount entgegennimmt und vermeintlich mit DeMille über den Film spricht. Norma ahnt nicht, dass das Studio lediglich ihren Wagen, einen Isotta Fraschini aus den 1920er Jahren, für Filmaufnahmen verwenden möchte. Da Norma oft Fanpost bekommt, glaubt sie, dass die ganze Welt auf einen neuen Norma-Desmond-Film wartet. Gillis findet später heraus, dass Max die Briefe verfasst und Norma dadurch in ihrem Wahn bestärkt, sie sei nach wie vor ein großer Star. Zudem stellt sich heraus, dass Max Normas Entdecker, Regisseur sowie einer ihrer Ehemänner gewesen ist.

Plakatmotiv (US): Sunset Boulevard (1950)Aufgrund seiner Geldsorgen nimmt Gillis Normas Angebot an, zieht zunächst in die Wohnung über der Garage, dann in das Schlafzimmer der früheren Ehemänner der Hausherrin. Gillis gerät immer stärker in Normas Abhängigkeit und ist gezwungen, ihrer Imitation von Charlie Chaplin oder Bridgepartien mit anderen vergessenen Filmstars (darunter Buster Keaton, Anna Q. Nilsson und H. B. Warner) beizuwohnen …

Was zu sagen wäre

Was für ein Albtraum: Hollywood, die Stadt der Träume, und der Sunset Boulevard, der die Romantik im Namen trägt, zeigen sich als grausame Monstren, die ihre Putzerfischchen verlingen. Gleich in der ersten Einstellung zum Titelvorspann sinkt die Kamera abwärts Richtung Bordstein, auf dem „Sunset Blvd.“ zu lesen ist, dann weiter runter auf den Asphalt, der uns die weiteren Titel zeigt – Leben am Straßenbelag, das zeigt uns schon der Vorspann. Dann kommt der Schnitt und der Erzähler liegt tot im Swimming Pool. „Er war niemand Wichtiges“, sagt der Erzähler aus dem Off über den Toten, der, was der Zuschauer erst nach und nach begreift, der Erzähler selbst ist, „nur ein Filmautor mit ein paar zweitklassigen Drehbüchern. Der arme Trottel. Er wünschte sich immer einen Pool.“ Hier schon zeigt sich Billy Wilders Gier nach guten Texten und seine Schwierigkeit, solche an der Westküste, im „Mekka der Filmkunst“ bezahlt zu bekommen, denn Er war nicht wichtig, nur ein Autor ist tatsächlich die Haltung, mit der Hollywoodstudios mit ihren Autoren umgeht. Die Dialoge in diesem Film sind von geschliffener Schönheit.

Gillis klagt einmal, die Menschen im Kinosessel würden glauben, die Geschichte ihres Filmswürden sich Regisseure ausdenken, während sie mit der Kamera Schauspieler filmten. Schauspieler, die eine Halbwertszeit von 15 Jahren haben, in denen sie als Star angehimmelt werden. „Ich bin immer noch groß!“, keift die alte, ehemals gefeierte Norma Desmond, „Die Filme sind klein geworden.“ Diese Norma Desmond lebt mit ihrem Butler – der ihr erster Mann, ihr Entdecker und Förderer war – lebt in einem verwitterten alten Prachtbau, einem Mausoleum ihres Ruhms aus fernen Vergangenheit, von der sie glaubt, dass die immer noch ihre Gegenwart ist und macht dabei, erstaunlich im Hollywood des Hays-Code, den Mann zum Spielzeug – nicht etwa umgekehrt. Ihren frisch verstorbenen Affen lässt sie in einem weißen, mit Samt ausgeschlagenen Sarg auf ihrem Anwesen bestatten und zitiert als Zeichen ihrer Größe „den Maharadscha“, der einen Seidenstrumpf von ihr erbettelte – mit dem es sich dann später erhängte. Gloria Swanson spielt diese Norma so exaltiert, wie die 30 Jahre jüngere Norma ihre Stummfilmrollen gespielt haben muss, während sie zunehmend unter Pflastern, Verbänden, in Tinkturen gegossen ihre alternde Haut nicht bändigen kann, dafür bald aussieht, wie eine hysterisch modellierte Plastikpuppe.

Irgendwann ist auch der erfolglose Drehbuchautor Joe  nicht mehr zu retten. Das Script bietet ihm eine Liebesgeschichte zu einer jungen Schreibkraft aus den Paramount-Studios an, fir er aber seinem besten Freund ausspannen würde und schiebt sie weg mit den Worten: „Denk doch mal praktisch, Süße¡ Ich habe ein gutes Leben hier. Einen langfristigen Vertrag ohne Bedingungen. Mir gefällt das.“ Auch Joe ist kalt geworden in der Eiswelt namens Hollywood unter der Sonne Kaliforniens – nur um, im Pool treibend, festzustellen: „Bemerkenswert, wie höflich die Menschen werden, wenn Du mal tot bist.

Wertung: 6 von 6 D-Mark
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