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Plakatmotiv: American Diner (1982)

Charmantes Portrait einer unreifen Clique
auf dem Weg in Ehe, Beruf und Leben

Titel American Diner
(Diner)
Drehbuch Barry Levinson
Regie Barry Levinson, USA 1982
Darsteller

Steve Guttenberg, Daniel Stern, Mickey Rourke, Kevin Bacon, Tim Daly, Ellen Barkin, Paul Reiser, Kathryn Dowling, Michael Tucker, Jessica James, Colette Blonigan, Kelle Kipp, John Aquino, Richard Pierson, Claudia Cron u.a.

Genre Komödie, Drama
Filmlänge 110 Minuten
Deutschlandstart
30. November 1987 (TV-Premiere)
Inhalt

Die 50er gehen zu Ende und für fünf Freunde wird es allmählich Zeit dem Leben als Erwachsene ins Gesicht zu sehen. Doch noch halten die fünf sich krampfhaft an ihrer Jugendzeit und damit verbunden an ihrer ständigen Runde im nahegelegenen Diner fest, wo noch die alten sorglosen Werte zählen.

Laurence „Shrevie“ Schreiber ist als einziger bereits verheiratet und hat bei Diskussionen immer einen leicht melancholischen Zug um die Mundwinkel. Seine Erinnerungen an die Jugend stehen in Form seiner Schallplattensammlung im heimischen Plattenregal. Er wird sehr zornig, wenn seine Frau Beth die Ordnung seiner Sammlung durcheinanderbringt.

Robert Sheftell, genannt Boogie, studiert Jura und jobbt als Friseur. Um seine Spielschulden zurückzuzahlen, schließt er Wetten ab auf seine Verführungskünste.

Edward Simmons will seine Verlobte heiraten, sobald sie ausreichende Kenntnisse über Football erworben hat. Dies will er mit einem 140-Fragen-Football-Quiz überprüfen.

Auch William „Billy“ Howard, der in New York studiert und in Baltimore nur zu Besuch ist, denkt ans Heiraten. Aber seine schwangere Freundin Barbara zeigt mehr Interesse an ihrer Karriere.

Einzig bei Fenwick, dem Problemfall der Clique, entlädt sich die latente Unzufriedenheit von Zeit zu Zeit in makabren Scherzen, blinder Aggression oder exzessivem Alkoholkonsum, wenn er zum Beispiel seinen Freunden einen Autounfall vortäuscht oder zur Weihnachtszeit die Krippenfiguren der Heiligen Drei Könige verprügelt. …

Was zu sagen wäre

Sie haben keine Ahnung und machen davon reichlich Gebrauch. Barry Levinsons Film führt zurück in die späten 50er Jahre, als die Gesellschaft noch ein bisschen klarer geteilt war: Hier die Männer. Da die Frauen.

Wenn man diese Parteien damals kennenlernte, dann zunächst als Mom und Dad oder als die schrullige Nachbarin oder den strengen Direktor an der Schule. Manche von denen sind verheiratet und streiten sich dann dauern, weshalb der Mann abends immer spät nach Hause kommt. Barry Levinson hat sich ein paar Jungs ausgesucht, die mit diesen Beobachtungen nun umgehen müssen, nachdem sie erste Erfahrungen mit dem anderen Geschlecht gemacht haben – ein paar hatten sogar schon Sex.

Um Sex dreht sich bei ihnen nahezu alles. Die High School haben sie hinter sich, das Universitäts- oder das Berufsleben vor sich, aber eigentlich denken sie nur an Sex. Shrevie, der schon geheiratet hat, etwa bedauert, dass er mit seiner Frau über gar nichts reden kann, weil die nicht mal die Ordnung in seiner Plattensammlung versteht. Mit den Jungs im Diner kann er die ganze Nacht reden, aber mit seiner Frau? Worüber denn bloß? Und um Sex geht es auch nicht mehr. Früher, klagt er, sei es nur darum gegangen, sind Deine Eltern zu Hause, können wir es da machen, oder im Auto?Heute kannst Du es immer machen. Wenn Du willst. Wenn Du morgens aufwachst, ist sie da und wenn Du abends heim kommst, ist sie da.“ Daniel Stern ist die richtige Besetzung für diesen Kindskopf mit Ehering (”Da steht der ganze Freeway Kopf“ – 1981; „Stardust Memories“ – 1980; „Vier irre Typen“ – 1979). Wenn er mit seinen großen Augen flackert, herumhampelt und sich vor seiner verzweifelnden Frau zum Kasper macht, nehme ich ihm seine kindliche Begeisterung für Mädchen und seine Angst vor Frauen sowie seinen todesverachtenden Ernst, wenn es um seine Schallplatten geht, sofort ab.

Soweit soll es mit Eddie nie kommen. Deshalb zwingt er seine Verlobte, die Footballgeschichte der vergangenen Jahre auswendig zu lernen; auch, damit sie nicht auf sowas wie eigene Gedanken kommt. Eddies Braut lernen wir übrigens nicht kennen. Barry Levinson zeigt sie uns maximal von hinten. Ob das ein Inside-Gag ist, mit dem er biographische Details in seinem Film kaschieren will, oder ob er diese bedauernswerte Frau anonym halten will, weil sie Ediie heiraten will, für den Frauen, die eigene Gedanken haben, Problemweiber sind, um die man einen großen Bogen macht. Steve Guttenberg legt in diesen Eddie alle Naivität, die er in seinem Schauspielerkörper finden kann.

Auch Billy hat mit Frauen nicht viel Erfahrung, hat eine aber schon geschwängert und glaubt nun, sie zu lieben. Ausgerechnet diese Barbara ist aber ein sehr selbständiger Geist, die gar nicht daran denkt, ihren Job beim örtlichen Rundfunksender wegen eines Babys oder für einen Milchbubi an den Nagel zu hängen.

Denn das sind die Jungs alle: Milchbubies. Unreife Jungs, die man aus heutiger Sicht, 1982, kaum glauben kann. Die Mädchen waren offenbar schon damals die, die weiter waren; schon aus Selbsterhaltung. Wenn die Jungs schon so wenig über Mädchen wissen, wissen sie noch viel weniger darüber, wie es zu Babys kommt und vor allem: Was es bedeutet, ein Baby zu haben. Die Mädchen mussten sich damals mit diesem Gedanken offenbar noch viel früher und noch viel einsamer auseinandersetzen, als heute. Warum einer von den Jungs heiraten will, warum Shriev geheiratet hat, bleibt vollkommen unklar. Seine Frau, Beth, die, die die Plattensammlung nicht sortiert bekommt, zweifelt bereits an sich und ihrer Erotik. Da muss dann erst Boogie kommen, ihr Ex, und ihr den Kopf gerade rücken.

Boogie ist der einzige aus der Clique, der gedanklich schon ein paar Schritte hinter sich hat, studiert Jura, weil Mädchen das angeblich gut finden und verliert viel Geld beim Wetten. Sein Problem ist nicht das Nicht-verstehen der Frauen, sein Problem ist das Leben als solches, für das er keinen Plan hat – aber, wie sich herausstellt, einen väterlichen Freund. Mickey Rourke (Body Heat – Eine heißkalte Frau – 1981; Heaven's Gate – 1980; 1941 – Wo bitte geht's nach Hollywood – 1979) spielt Boogie mit Haartolle, großen dunklen Augen und einem schelmischen Zug um den Mund, der den High-School-Bully und -Aufreißer glaubhaft macht. Rourkes kräftige Hände sehen zudem aus, als hätten die schon ein paar Kämpfe hinter sich.

Aber so bescheuert uns die Jungs alle erscheinen mögen – fremdartig, unreif, dumm – sympathisch sind sie uns irgendwie alle. Darin liegt Barry Levinsons eigentliche Kunst bei seinem Kinodebut. Die Tiefe seines berühmten Vorbildes, American Graffiti (1973) von Geroge Lucas, erreicht Levinsons Film nicht, dafür sind die erzählten Episoden nicht abwechslungsreich genug. Aber seine Riege junger Darsteller, allesamt noch reichlich unbekannt in der Welt, überrascht mit Präsenz und Improvisationstalent und wird von Levison souverän durch die Szenen geführt, die nicht einfach sind – viel Dialog, häufig neben- und übereinander gerufen. Sein Film ist eine schöne Erinnerung an seine eigene Jugendzeit mit leichtem Augenzwinkern und Sentimentalität.

Wertung: 6 von 9 D-Mark
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