IMDB
Plakatmotiv: Mama (2013)
Eleganter Grusel
mit dem Muttertier
Titel Mama
(Mama)
Drehbuch Andy Muschietti + Barbara Muschietti + Neil Cross
Regie Andy Muschietti, Kanada, Spanien 2013
Darsteller Jessica Chastain, Nikolaj Coster-Waldau, Megan Charpentier, Isabelle Nélisse, Daniel Kash, Javier Botet, Jane Moffat, Morgan McGarry, David Fox, Dominic Cuzzocrea, Christopher Marren, Julia Chantrey, Ray Kahnert, Diane Gordon, Matthew Edison u.a.
Genre Horror, Thriller
Filmlänge 100 Minuten
Deutschlandstart
18. April 2013
Inhalt

Im Zuge der Finanzkrise 2008 tötet Jeffrey seine Ehefrau und seine Geschäftspartner. Mit seinen beiden Töchtern, der zu diesem Zeitpunkt dreijährigen Victoria und ihrer einjährigen Schwester Lilly, flieht er in einen Wald, wo er einen Verkehrsunfall verursacht, den alle drei jedoch überleben. Sie begeben sich in eine abgeschiedene Hütte.

Jeffrey entzündet ein Feuer im Kamin, dann will er seine Kinder erschießen. Als er abzudrücken versucht, wird er von einer schattenhaften Gestalt getötet. Victoria, die sich umgedreht hatte, kann nichts erkennen, weil ihr Vater ihre bei dem Unfall beschädigte Brille abgenommen hatte. Während die Kinder verängstigt vor dem Feuer im Kamin kauern, wirft ihnen die schattenhafte Gestalt eine Kirsche hin.

Fünf Jahre später werden sie in verwildertem Zustand von zwei Männern gefunden, die ihr Onkel Lucas vor Jahren mit der Suche beauftragt hatte. Die Mädchen werden in eine Wohlfahrtsklinik gebracht, die von Dr. Gerald Dreyfuss geleitet wird. Dreyfuss versichert Lucas und seiner Lebensgefährtin Annabel, ihren Sorgerechtsantrag gegen die Großtante der Mädchen, Jean Podolski, zu unterstützen. Er ist von den Bildern fasziniert, die die Mädchen von einem mysteriösen Charakter namens „Mama“ angefertigt haben, mit welchem sie reden und spielen.

Während eines intimen Moments zwischen Lucas und Annabel eines Nachts wird Annabel von einer schattenhaften Gestalt im Türrahmen des Schlafzimmers verängstigt. Als Lucas diesem Vorfall auf den Grund gehen will, wird er von Mama attackiert und fällt in einen komatösen Zustand. Annabel, nicht mit den Mädchen verwandt, muss sich nun alleine um diese kümmern, während Mama ihre Besuche fortsetzt. Was das Verhalten der beiden Mädchen betrifft, kann Annabel bei Victoria Fortschritte erzielen, doch Lilly steht ihr weiterhin feindselig gegenüber. Alarmiert durch Albträume und einer Warnung über „Mamas Eifersucht“, bittet Annabel Dr. Dreyfuss um weitere Nachforschungen.

Dr. Dreyfus argwöhnt zunächst, Mama könnte ein Alter Ego von Victoria sein, eine Erfindung des Mädchens, weil es in den einsamen Jahren die Mutterrolle übernehmen musste. Jedoch untermauern seine Nachforschungen Victorias Geschichte, dass Mama eine verstörte Mutter ist, die von ihrem Kind getrennt wurde. Er bringt die Geschichte von Edith Brennan ans Licht, einer Psychiatrie-Patientin, die im 19. Jahrhundert lebte …

Was zu sagen wäre

Als die jetzt achtjährige Veronica nach fünf Jahren in der einsamen Waldhütte zum ersten Mal wieder eine Brille aufzieht, sieht sie schnell klarer. Ihre Brille war damals, als Daddy mit ihr und Lilly, der kleinen Schwester, dort ankam, zu Bruch gegangen, sie hat Mama immer nur unscharf wahrgenommen. Es ist ein einfaches Bild, mit dem Andy Muschietti erklärt, warum das junge Mädchen sich rasch an die alten Verhältnisse, die jetzt wieder die neuen sind, gewöhnt.

Muschietti bleibt durchgehend bei den einfachen Erzählweisen, sein Horrorfilm lebt nicht von brutalen Splattereffekten, nicht von ins Bild springen Katzen; er arbeitet mit Sound und Schatten, die im Hintergrund durchs Blid schweben und er arbeitet mit der Vorstellungskraft seiner Zuschauer. Wenn Victoria ängstlich an die Zimmerdecke blickt, dreht sich auch ihr Gesprächspartner um, der dort nichts sieht – aber der Zuschauer weiß, dass dort Mama ist. Das gruslige Baumwesen bewegt sich durch die Dimensionen und kriecht durch stark an eine Vagina erinnernde Löcher in der Wand in die reale Welt. Sexuelle Konnotationen sind im Horrorgenre gängige Praxis und in einmem Film, der das Monster als „Mama“ im Titel trägt unvermeidlich.

Die Mutter, das Muttertier, die überfürsorgliche Stiefmutter zählt zu den liebsten Albträumen versierter Filmerzähler. Deren Liebe kann erdrücken, den Atem nehmen, den Lebensraum beschneiden, die Entwicklung einengen. Die vorliegende Mama will Gerechtigkeit und ihr Kind zurück. „Was ist das?“, fragt der Psychologe. „Das Unrecht!“, antwortet die alte Archivarin, die zwischen den verstaubten Regalreihen wirkt, wie eine Weise aus dem Fantasyland. Bis Mama hat, was sie braucht, schwebt sie in der schwarzen Vagina und sorgt für ordentlich gänsehautigen Grusel beim Zuschauer. Mamas Gegenspielerin spielt Jessica Chastain als Rockgitarristin, die ihr Leben bislang in Sex, Drugs und Rock 'n Roll unterteilte und die Rolle einer fürsorglichen Mutter erst lernen muss. Chastain (Zero Dark Thirty – 2012; The Help – 2011; „The Tree of Life“ – 2011; Coriolanus – 2011) nutzt die Möglichkeiten, die die Rolle ihr gibt und spielt zurückhaltend.

Als Executive Producer tritt Guillermo Del Toro auf, Regisseur von Genre-Solitären wie „Pans Labyrinth“ oder Hellboy. Sein Einfluss ist im Film spürbar: Kinderkugelaugen in Großaufnahme voller Unschuld und Wissen, ein fürsorgliches Geisterwesen aus dem Wald, düstere, in matt grünes Licht getauchte, riesige Archivregale mit Dingen, „die die Menschen nicht wiederfinden wollen“.

Muschietti liefert einen runden Thriller ab. Mit ordentlicher Bildsprache und doppeldeutiger Symbolik, an der sich, wer will, abarbeiten kann. Wer das nicht will, hat zwei Stunden soliden Grusel, der erst am Ende überzieht, wo die Story sich dehnt und die Choräle von der Tonspur donnern, als wäre der Lautstärkeregler kaputt. Das stört nur marginal. Dieser Horrorfilm ist vorher spannend und verkraftet den Kitsch.

Wertung: 5 von 8 €uro
IMDB