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Plakatmotiv: Always – Der Feuerengel von Montana

Eine Romanze von Steven Spielberg
Deshalb lieber mit Fantasy-Elementen

Titel Always – Der Feuerengel von Montana
(Always)
Drehbuch Jerry Belson
nach dem Drehbuch zu „A guy named Joe” von Dalton Trumbo + Frederick Hazlitt Brennan, das auf einer Story von Chandler Sprague + David Boehm basiert
Regie Steven Spielberg, USA 1989
Darsteller

Richard Dreyfuss, Holly Hunter, Brad Johnson, John Goodman, Audrey Hepburn, Roberts Blossom, Keith David, Ed Van Nuys, Marg Helgenberger, Dale Dye, Brian Haley, James Lashly, Michael Steve Jones, Kim Robillard u.a.

Genre Fantasy, Romanze
Filmlänge 122 Minuten
Deutschlandstart
5. April 1990
Inhalt

Pete Sandich ist Feuerlöschpilot. Auf waghalsigen Einsätzen zur Brandbekämpfung in Waldgebieten riskiert er ein ums andere Mal Kopf und Kragen. Seine Freundin Dorinda steht jedesmal Todesängste aus – Streitereien sind an der Tagesordnung. Trotzdem wollen die beiden heiraten.

Dazu kommt es nicht mehr. Bei seinem – erklärt – letzten Einsatz explodiert Petes Maschine. Allerdings landet er nicht im Jenseits, sondern irgendwo zwischen Leben und Tod. Von einem seltsamen Wesen bekommt er noch einen Auftrag: Er soll seinen Mut und sein Können an einen jungen Piloten weitergeben.

Als unsichtbarer Schutzengel kommt Pete zu seinen Freunden zurück. Und kriegt alle Hände voll zu tun. Sein Schützling Ted nämlich stellt sich am Steuerknüppel ziemlich dämlich an. Außerdem verliebt sich Ted in Dorinda, die – ein Jahr ist seit Petes Tod vergangen – immer noch um Pete trauert …

Was zu sagen wäre

Steven Spielberg probiert sich in einem weiteren Genre. Er dreht einen Liebesfilm. So richtig mit Schmackes. Und er scheitert, aber auf Spielberg-Niveau: grandios! Wie immer bei Spielberg ist an diesem Film alles ein wenig over the Top. Der Held, der wahrlich nicht aussieht, wie im Kino ein romantischer Liebhaber aussieht, ist ein echter Liebhaber. Ein Kerl. Einer, der weiß, dass seine total gerne in Flieger-Overalls rumlaufende Freundin sich heimlich in Kleider träumt, einer, der ihr zum Geburtstag ein absolutes Over-the-Top-Kleid ganz in Weiß schenkt und der auch ihr gemeinsames Lied kennt, und schließlich auch noch die Band organisiert hat, die dieses Lied ("Smoke gets in Your Eyes") an der richtigen Stelle intoniert, sodass ihr nur die Tränen kommen können. Immerhin vertut er sich mit dem Datum ihres Geburtstages, der irgendwann anders ist. Charmante Kinohelden brauchen eben irgendeinen Mangel.

In der Folge nach der Flugzeugexplosion, bei der Spielbergs Held aus dem fleischlichen Leben scheidet, zieht der Regisseur alle Register – wie Kritiker das dann formulieren, wenn sie sich dem emotionalen Bombardement aus Richtung Leinwand nicht erwehren konnten. "Always" ist ein visuell toller Film. Schon die erste Filmszene drückt mich in den Kinosessel. Da sitzen zwei Angler im Bötchen auf dem Wasser, als hinter ihnen in der Unschärfe ein riesiges Flugzeug wassert, auf sie zu rast, die Angler aus ihrer Sontagvormittagsruhe Filmszene: Always – Der Feuerengel von Montana aus in Panik versetzt und dann – wahrscheinlich – kurz, bevor es das Bötchen zerschmettern würde, wieder abhebt. Damit etabliert Spielberg, dass die Feuerflieger, um die es im Folgenden gehen soll, harte Typen sind, die sich im Zweifelsfall auch nicht um das Sonntagsvergnügen übergewichtiger Familienväter scheren.

Und so visuell beeindruckend geht das in einer Tour weiter. Spielbergs Filme geben dem Begriff Überwältigungskino ganz neuen Inhalt. Kann ich ihm vorwerfen, dass er sein Handwerk so gut beherrscht? Stichwort: Genre Liebesfilm, hier: die Frau, die der Held liebt. Pilot Pete hat ihr also ein Kleid zum (vermeintlichen) Geburtstag geschenkt. Während er dann mit seinem Best Buddy Al, den ein grandios aufspielender John Goodman als liebenswertester Kumpel aller Zeiten porträtiert ("Punchline – Der Knalleffekt" – 1988; "Arizona Junior" – 1987), ein paar Bierchen zischt, zieht sie sich oben um. Und kommt dann die Treppe runter. Aber bei Steven Spielberg kommt nicht einfach eine Frau im grotesk unpassenden weißen Kleid die Treppe runter.

Bei Steven Spielberg richten sich nacheinander in unterschiedlichen Einstellungen aller Augen nach oben. Dann weichen kernige Frauen und Männer in schwerer Firefighter-Montur die Treppe runter rückwärts aus dem Weg der Erscheinung und dann sehen wir durch die Stufen einer Holztreppe hindurch in Großaufnahme gefilmte glänzend weiße Stilettos jene Treppe hinunter schreiten, denen schließlich die Frau im weißen Kleid folgt. Kurz: Wenn Steven Spielberg romantische Gefühle zeigen will, dann mit jenem Besteck, mit dem er Archäologen die Bundeslade jagen oder Kinder Außerirdische retten lässt. Während Spielberg der Frau einen atemberaubenden Auftritt serviert, macht er deutlich: Der Held kennt die Kleidergröße der Frau, muss sie also wirklich lieben.

Auf dieser falsch platzierten Geburtstagsfeier wetteifern dann zwei Dutzend Zwei-Meter-Muskel-Typen um ein paar Tanzschritte mit der Lady im weißen Glitzerkleid. Aber Richard Dreyfuss nimmt sie mit nach Hause vors prasselnde Kaminfeuer. Richard Dreyfuss verkörpert nun wirklich alles andere als einen klassischen Kino-Lover; in Spielbergs Jaws war er ein Typ aus reichem Ostküstenhaus, der Haie toll findet; in Spielbergs Close Encounters of the Third Kind war er ein Familienvater, dessen Familie ihn nicht mehr versteht und der seine potenzielle neue Liebe zurücklässt, weil er lieber mit Aliens ins All fliegt. Und jetzt ist er nach einer halben Stunde tot. „Ich liebe Dich, Pete. Aber ich habe keine Freude dran!“, hatte ihm seine Freundin vor dem flackernden Kaminfeuer noch gesagt – eine verbale Kino-Ohrfeige vor kinotechnisch nicht zu toppender Vorstellung einer romantischen Szene.

Plakatmotiv: AlwaysFür alle im Film Beteiligten ist dieser indifferente Typ nun tot. Für die Zuschauer im Kinosessel nicht. Für sie beginnt nun erst das emotionale Mysterium der Liebe. Begleitet von Audrey Hepburn als Engel "Hap" (Robin und Marian – 1976; Wie klaut man eine Million? – 1966; "My fair Lady" – 1964; Charade – 1963; Infam – 1961; Frühstück bei Tiffany – 1961; Denen man nicht vergibt – 1960; Geschichte einer Nonne – 1959; Ariane – Liebe am Nachmittag – 1957; Ein süßer Fratz – 1957; Sabrina – 1954; Ein Herz und eine Krone – 1953). Der im Film eigentlich für Holly Hunter (Broadcast News – Nachrichtenfieber – 1987; Arizona Junior – 1987; Blood Simple – Eine mörderische Nacht – 1984), jene Frau in dem sie atemberaubend aussehenden weißen Kleid, vorgesehene Mann ist … ein Schönling, „einfach zu schön und viiieel zu schön gebaut und viel zu viel Sex Appeal. Ich fahre nicht mit einem, der aussieht, wie ein Lotteriegewinn.“ Oder anders ausgedrückt: nicht mit einem Typen, der mit der Realität abseits des Kinogebäudes nichts zu tun hat. Außerhalb dieses Kinogebäudes fällt der Film in sich zusammen wie ein schlecht begleitetes Soufflé im Ofen.

Spielbergs Film ist eine Art Remake des Spencer-Tracy-Films "A guy named Joe" (1943), den Dalton Trumbo, einst historisch geworden, weil er sich weigerte, vor dem Komitee für unamerikanische Umtriebe auszusagen, und später von Kirk Douglas offiziell beauftragt, das Drehbuch zu Spartacus zu reparieren, geschrieben hat. Und es scheint, als sei Spielberg nichts Neues eingefallen zum Thema Liebe zwischen Mann und Frau, seit der Abspann die Filmbesucher 1943 aus dem Kino geleitet hat. Spielbergs Figuren haben von Beginn an jene Patina, die die Flugzeuge im Film auszeichnen.

Da sind wir eben noch gefangen in dieser fantastisch inszenierten Feuersbrunst, in der die kumpelhaften Firefighter ihr Leben riskieren, und merken erst, als alles gelaufen ist, dass wir Frauen in Feuerbekämpfermontur zwar auf dem Tanzboden sehen, aber nicht im tatsächlichen Feuer. Diese Spitzfindigkeit, die den Film auf geradezu groteske Weise zerstört, fällt allerdings tatsächlich auch erst auf, wenn der geisterhafte Pete seiner sehr lebendigen Dorinda endlich die Liebeserklärung schenkt, die er ihr bei lebendigem Leibe stets versagt hatte: „Ich liebe Dich, Dorinda. Ich liebe Dich. Das hätte ich Dir schon vor langer Zeit sagen sollen. Ohne irgendwelche Scherze. Denn erst jetzt weiß ich, die Liebe, die wir nicht aussprechen, ist der einzige Schmerz, der uns bis hierher verfolgt. Und die Erinnerung an diese Liebe, sollte Dich nicht für den Rest Deines Lebens unglücklich machen.

So weit. So gut. Bis der tote Held plötzlich doch derjenige ist, der allein die Dinge regeln kann, weil weder Mädchen noch Junge in der Lage sind, einfach von sich aus Liebe zu empfinden: „Ich gebe Dich frei. Ich verlasse Dein Herz. Bitte geh!“ sonort zum Bläser-grundierten Score Richard Dreyfuss als Pete ("Mond über Parador" – 1988; "Nuts … Durchgedreht" – 1987; Die Nacht hat viele Augen – 1987; "Tin Men" – 1987; Stand by Me – 1986; "Der Untermieter" – 1977). Ganz so, als sei eine Frau nicht allein in der Lage, nach einem halben, einem ganzen Jahr sich womöglich neu zu verlieben. „Das ist mein Mädchen. Und das ist mein Junge!

Der Film hatte mich. Trotz seiner emotional peinlichen Schwächen. Aber in den letzten fünf Minuten ist es dann halt doch nur der Film eines Typen über einen Kerl, der die Bedeutungshoheit über sein Mädchen beansprucht.

Wertung: 4 von 10 D-Mark
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