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Plakatmotiv: Immer Ärger mit Harry
Alfred Hitchcock gibt seinem
Zynismus die lange Leine
Titel Immer Äger mit Harry
(The Trouble with Harry)
Drehbuch John Michael Hayes
nach einem Roman von Jack Trevor Story
Regie Alfred Hitchcock, USA 1955
Darsteller Shirley MacLaine, John Forsythe, Edmund Gwenn, Mildred Natwick, Mildred Dunnock, Jerry Mathers, Royal Dano, Parker Fennelly, Barry Macollum, Dwight Marfield u.a.
Genre Komödie, Crime
Filmlänge 99 Minuten
Deutschlandstart
14. August 1956
Inhalt

Ein sonniger Herbsttag in einem sehr kleinen Ort im amerikanischen Vermont. Das Wetter ist schön, die Wälder strahlen in allen Farben, das Gras ist grün, die Dorfbewohner sind unterwegs und im Weg liegt eine Leiche. Der Tote heißt wohl Harry, was sich aus einem Brief schließen lässt, denn er bei sich hat.

Keiner der Dorfbewohner zeigt Interesse daran, dass die Polizei vom Fund des Verstorbenen erfährt: Der pensionierte Kapitän und Hobbyjäger Albert Wiles bildet sich ein, er habe Harry versehentlich erschossen; die altjüngferliche Ivy Gravely befürchtet, Harry mit ihrem Spazierstock erschlagen zu haben, um dessen Versuche, sie zu bedrängen, abzuwehren; seine – von ihm getrennt lebende – Ehefrau Jennifer Rogers hingegen glaubt, sie habe ihm mit einer Milchflasche einen tödlichen Schlag auf die Stirn versetzt; der bislang erfolglose Maler Sam Marlowe will Jennifer helfen und kennenlernen, in die er sich während des Filmes verliebt.

Plakatmotiv (Wiederaufführung): Immer Ärger mit HarryDie erwähnten Personen arbeiten zusammen, sind aber in ihren Handlungen unentschlossen, da immer wieder neue Umstände eintreten. Als Albert z. B. herausfindet, dass er Harry nicht erschossen haben kann, gräbt er ihn wieder aus. Als Sam sich mit Jennifer verlobt, hat er Angst, man könnte ihn verdächtigen, Harry aus Eifersucht aus dem Weg geräumt zu haben. So wird die Leiche mehrmals wieder ein- und ausgegraben. Auch Albert und Ivy kommen einander näher, sie lädt ihn sogar zu einem Essen mit Blaubeerkuchen ein. Auch findet Sam in einer Nebenhandlung des Filmes, endlich in einem Millionär einen Abnehmer für seine Gemälde. Der humorlose Hilfssheriff Calvin Wiggs, der nach der Anzahl seiner Verhaftungen bezahlt wird, kommt dem Quartett allerdings gefährlich nahe. Er findet eine Zeichnung von Sam, auf der Harry – von dessen Existenz er durch einen Landstreicher weiß – abgebildet ist …

Was zu sagen wäre

Schwer zu sagen, was bezaubernder an diesem Film ist – die schrulligen Figuren, die in ihrer wunderbarenb Einfachheit so gar nichts mit dem sonst üblichen Hitchcock-Personal zu tun haben oder die entzückenden Farben, in denen das herbstliche Vermont in den dunklen Kinosaal strahlt; oder ist es doch die Erkenntnis, dass Hitchcocks Zynismus noch besser funktioniert, wenn er keine Geheimagenten, Sängerinnen oder weltgewandte Fotografen in Lebensgefahr bringt, sondern Menschen, die sich um die Qualität ihres Blaubeermuffins mehr gedanken machen als über den lauf der Welt außerhalb ihres Dörfchens.

Einen bösen Humor pflegt Hitchcock ja in den meisten seiner Filme. Seine Lust, den Zuschauer auf die Folter zu spannen, sein Drang, unschuldige Typen in ausweglose Situationen zu bringen, ist fester Besandteil seiner Filme. In „The Trouble with Harry“ lässt er alles Brutale, alle Gewalt beiseite. Die Leiche, die da im Gras liegt mit den schicken Lederschuhen, in denen bunte Socken stecken, ist – realistisch gesehen – natürlich schrecklich. Weil der Himmel aber so blau, die Bäume so gelb-orange-braun und die Menschen so überhaupt nicht erschreckt sind, sonder ganz rtational darüber befinden, wie man mit der Leiche denn nun umgehen solle, man will ja schließlich niemandem etwas Böses, schon gar nicht dem netten Nachbarn und reizenden Hobbyjäger.

Obwohl makaberer Humor in vielen anderen Hitchcock-Filmen vorkam, ist dieser Film einer der wenigen, in dem der schwarze Humor gegenüber der Krimihandlung überwiegt. Es zeugt von großer Kunstfertigkeit, diese Leichen-Geschichte so entspannt en passant zu erzählen und dazu gleich zwei Romanzen einzubauen, deren Dialoge aus allerlei sexuellen Anspielungen bestehen, ohne dass die Hays-Kommission darüber an die Decke geht. Hitchcock bezeichnet seinen Film als den englischsten seiner amerikanischen Filme und zählt ihn zu seinen Lieblingsproduktionen.

Wertung: 6 von 7 D-Mark
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